Mythen über die Bewaffnung deutscher Drohnen

Demnächst soll der Bundestag entscheiden, ob die Bundeswehr eine bewaffnete Drohne bekommt. Viele Verbündete und Freunde, darunter nicht nur die Amerikaner, sondern auch die Niederländer und Franzosen, verfügen längst über diese Fähigkeit. Warum wird nun erneut darüber so intensiv und teilweise heftig diskutiert? Vielleicht auch deshalb, weil es viele falsche Bilder und Mythen darüber gibt, wie deutsche Streitkräfte eine bewaffnete Drohne einsetzen würden. Die gängigsten möchte ich hier widerlegen.

Mit einer bewaffneten Drohne kann auch die Bundeswehr gezielte Tötungen und „Hinrichtungen“ durchführen.

Das ist falsch. Das Bild des sogenannten Drohnenkrieges ist vor allem geprägt von dem Einsatz durch die USA. Man muss sagen: Es gibt viele Anknüpfungspunkte, die Einsatzweise bewaffneter Drohnen durch US-Geheimdienste und des Militärs zu kritisieren. Diese Kritik ist oft auch berechtigt. Aber gerade deswegen ist umso klarer, dass der Einsatz bewaffneter Drohnen durch die Bundeswehr im Einklang mit dem Völkerrecht, dem deutschen Recht und auf der Basis eigener Rules of Engagement (Einsatzregeln) erfolgen würde. Damit ist ausgeschlossen, dass die Bundeswehr bewaffnete Drohnen auf ähnliche Art und Weise wie die Amerikaner nutzt und eben nicht einsetzt für so genannte „targeted killings“ (gezielte Tötungen). Entscheidend für uns ist, im Fall von Angriffen auf die eigenen Soldatinnen und Soldaten, Patrouillen oder Camps, mit einer bewaffneten Drohne in der Lage zu sein, effektiv zu deren Schutz wirken zu können.

Präsentation zu militärisch-operativen Aspekten bewaffneter Drohnen und Diskussion mit Bundestagsabgeordneten am 26.05.20 in Berlin in der Landesvertretung Bayern. / Foto: Tobias Koch

Drohnenpiloten sind „Joystick-Killer“. Sie sind weit weg vom Geschehen, gehen nach dem Abwerfen der Bombe nach Hause, mähen den Rasen und grillen für die Familie. Das führt automatisch zu einer Enthemmung der Gewalt.

Das ist falsch. Deutsche Drohnenpiloten sind wie alle deutschen Soldaten nicht nur an Recht und Gesetz gebunden, sondern werden nach den Prinzipien der Inneren Führung ausgebildet. Verhältnismäßigkeit, Mäßigung, auch im Kampf, sowie der Schutz Unbeteiligter sind für sie genauso wichtig wie für den Zugführer in der Infanterie oder den Kommandanten eines Kampfpanzers.

Unsere Drohnenpiloten sitzen nicht in Deutschland in einem klimatisierten Raum vor einem Bildschirm, sondern gehen mit in die Einsätze und sind vor Ort. Sie sehen morgens wie die Patrouille das Camp verlässt und sind genauso stolz und froh, wenn die Kameradinnen und Kameraden ihren Auftrag erfüllt haben und abends sicher und gesund zurückgekehrt sind. Sie wissen, dass das was sie sehen, kein Computerspiel ist. Sie fühlen sich mitverantwortlich für die Sicherheit ihrer Kameradinnen und Kameraden, die sich auf sie als „Schutzengel“ verlassen.

Übrigens erkranken auch deutsche Drohnenpiloten an PTBS (Posttraumatischen Belastungsstörungen). Das zeigt, welch hoher Belastung die Pilotinnen und Piloten ausgesetzt sind. Aktuell gilt das vor allem deshalb, weil die Piloten eben nicht helfen können, sondern in schwierigen Situationen aufgrund der reinen Aufklärungsfunktion der Drohnen zum Zuschauen und Nichtstun verdammt sind.

Wenn die Bundeswehr über eine bewaffnete Drohne verfügt, dann wird sie diese auch einsetzen.

Dafür gibt es keine Zwangsläufigkeit. Gerade jetzt macht die Bundeswehr in den Einsätzen nur von den Fähigkeiten Gebrauch, die auch wirklich benötigt werden. So werden in keinem der über zehn Auslandseinsätze Kampfpanzer oder Panzerhaubitzen eingesetzt, weil der Auftrag dies nicht erfordert. Der Deutsche Bundestag entscheidet im Rahmen der Mandatierung der Einsätze jeweils, über welche Fähigkeiten die Bundeswehr konkret verfügen soll.

Präsentation zu militärisch-operativen Aspekten bewaffneter Drohnen und Diskussion mit Bundestagsabgeordneten am 25.05.20 in Berlin im Paul-Löbe-Haus. / Foto: Tobias Koch 

Der Einsatz von bewaffneten Drohnen wird zu einer höheren Zahl an zivilen Opfern führen.

Anders als mit dem Kampfflugzeug, das nach dem Waffeneinsatz meist abdreht, sieht der Drohnenpilot ganz genau die Wirkung seiner Waffe. Die Aufnahmen werden zudem gespeichert, um das Geschehen genau zu dokumentieren und nachvollziehbar zu machen. Oft hat der Drohnenpilot sein Einsatzgebiet über eine längere Zeit, manchmal über Stunden oder Tage, beobachtet. Dadurch kann er die Lage sicher bewerten, die Wahl des richtigen Mittels treffen und dieses präzise einsetzen. Kommt es dann zu einem Waffeneinsatz, kann dieser viel besser skaliert und auf die jeweilige Situation angepasst werden. Die Vermeidung von Kollateralschäden und zivilen Opfern wird so sichergestellt. Eine bewaffnete Drohne führt deshalb eben nicht zu mehr Toten. Entscheidend sind neben der Technik auch die Ausbildung, die ethischen Grundlagen soldatischen Handelns sowie die Eingrenzung militärischer Gewaltanwendung.

Am Ende entscheiden moderne Technologien, Algorithmen und programmierbare Systeme über den Tod von Menschen.

Auch das ist so nicht richtig. Die bewaffnete Drohne, die die Bundeswehr nutzen will, ist kein autonomes Waffensystem. Am Ende entscheidet immer der Mensch. Hinzu kommt, dass gerade beim Einsatz einer bewaffneten Drohne nicht der Drohnenpilot alleine die Entscheidung trifft. Ihm steht ein Rechtsberater, ein interkultureller Einsatzberater und ein Vorgesetzter zur Seite, der genau prüft, ob der Waffeneinsatz im Einzelfall rechtmäßig und militärisch geboten ist.

Bewaffnete Drohnen sind völkerrechtlich und verfassungsrechtlich verboten.

Das ist falsch. Im Gegensatz zu Gift, chemischen und biologischen Waffen, Minen und Sprengwaffen oder auch blindmachenden Laserwaffen, sind bewaffnete Drohnen nicht völkerrechtlich geächtet, sondern legitime Mittel der modernen Kriegsführung. Derzeit gibt es eine Debatte über das Verbot autonomer Waffensysteme. Deutschland setzt sich für ein solches Verbot ein. Das hat aber nichts mit dem Einsatz bewaffneter Drohnen zu tun.

Sehr lesenswert ist ein Beitrag in einem populären Blog zum Verfassungsrecht. Dort schreibt der Autor Philipp Dürr: „Eine Anschaffung von bewaffneten Drohnen ist somit nicht nur zulässig, sondern kann unter Umständen sogar rechtlich geboten sein.“ Auch andere rechtliche Fragen werden hier ausführlich erörtert.

Präsentation zu militärisch-operativen Aspekten bewaffneter Drohnen und Diskussion mit Bundestagsabgeordneten am 26.05.20 in Berlin in der Landesvertretung Bayern. / Foto: Tobias Koch

Soldaten brauchen keine bewaffnete Drohne. Sie können sich auch anders verteidigen und schützen. Das hat ja bisher auch geklappt.

Die deutschen Soldatinnen und Soldaten gehen mit einem beschlossenen Mandat des Deutschen Bundestages in die Einsätze. Dabei steht die Erfüllung des Auftrags im Vordergrund. Das entspricht soldatischem Selbstverständnis und dafür nehmen sie Risiken in Kauf, die eine Gefahr für Leib und Leben bedeuten. Gerade deshalb haben sie aber einen Anspruch darauf, so ausgestattet zu sein, dass diese Risiken so klein gehalten werden wie möglich. Erst vor kurzem hätte eine bewaffnete Drohne den Schutz eines Camps der Bundeswehr in Afghanistan bei Raketenangriffen erhöht. Auch aus den letzten Jahren gibt es immer wieder Beispiele, in denen eine eigene bewaffnete Drohne eine wichtige Schutzkomponente oder zusätzliche Handlungsoption gewesen wäre.

Ich bin deshalb der festen Überzeugung, dass der Deutsche Bundestag der Beschaffung einer bewaffneten Drohne zustimmen sollte.

1 Kommentar zu “Mythen über die Bewaffnung deutscher Drohnen

  1. Lieber Peter Tauber,

    das ist der richtige Weg, um die Öffentlichkeit mitzunehmen. Diese Diskussion ist wichtig. Und ich hoffe am Ende dieser Debatte wird die Bundeswehr bewaffnete Drohnen haben, um die Soldaten im Einsatz besser schützen zu können.

    Danke für ihr Engagement.

    Beste Grüße,

    John Kantara

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