Unsere Veteranen – Was Bundeswehr und Gesellschaft für Veteranen tun können

Nicht nur die Bundeswehr, auch unsere Gesellschaft hat den Umgang mit Soldaten, die im Einsatz einen Schaden an Leib oder Seele erlitten haben, erst lernen müssen. Der Veteran ist das sichtbare Bild der Einsatzrealität der Bundeswehr. Die Einsätze, in die unsere Soldatinnen und Soldaten gehen, sind gefährlich. Inzwischen sind 111 Soldaten dabei ums Leben gekommen und gefallen. Daraus erwächst eine neue Aufgabe. Es geht nicht nur um ein würdiges Erinnern an die Toten, es geht um den Umgang mit denjenigen, die treu gedient haben und als Veteranen in unserer Gesellschaft leben.

Manch einen Veteranen, auch wenn er kein Körperteil eingebüßt hat, wenn er nicht psychisch erkrankt ist, lassen die Erinnerungen nicht los. Manch einer ringt damit, dass zumindest ein Teil der Gesellschaft keine Notiz von seinem Einsatz für unser Vaterland nimmt. Die Politik muss klären, was der Staat für die Veteranen tut. Es geht um Fragen der Fürsorge über das dicht geknüpfte soziale Netz unseres Landes hinaus. Es gilt, die vielfältigen Bedürfnisse der Veteranen wahrzunehmen, anzuerkennen und zu unterstützen.

Der Umgang mit den Veteranen ist Ausdruck unseres Selbstbildes. Wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen, weil wir wissen, dass Böckenförde Recht hat. Der Verfassungsrechtler hat uns gemahnt, dass „der freiheitlich, säkularisierte Rechtsstaat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann.“ Veteranen sind also der augenfällige Ausdruck einer Einsatzbereitschaft von Bürgerinnen und Bürgern für die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

Clausewitz hat gesagt: „Allem wozu Streitkräfte gebraucht werden, liegt die Idee des Gefechts zu Grunde; denn sonst würde man ja keine Streitkräfte gebrauchen.“ Der Satz von Clausewitz spricht eine Wahrheit aus, der sich unsere Gesellschaft nur ungern stellt. Der Veteran gibt dieser Wahrheit ein Gesicht. Die Auseinandersetzung mit den Belangen der Veteranen ist somit auch eine Chance für die deutsche Gesellschaft, sich mit ihren eigenen sicherheitspolitischen und nationalen Interessen zu befassen.

Die Veteranen brauchen jemanden, der ihre Interessen in der Öffentlichkeit vertritt und permanent für sie ansprechbar ist. Bisher hat der stellvertretende Generalinspekteur als für die Reservistenarbeit zuständig auch die Interessen der Veteranen wahrgenommen. Ihm sollte ein Beauftragter für Veteranenfragen im Range eines Generals im aktiven Dienst zugeordnet werden, der explizit für die Belange der Veteranen verantwortlich ist. Er vermittelt zwischen Interessensgruppen und Bundeswehr, ist Anlaufstelle für Fragen. Eine wichtige Aufgabe ist darüber hinaus, die Belange der Veteranen in der Öffentlichkeit und gegenüber den Medien zu artikulieren.

Es braucht daher ein Veteranenbüro, eine Anlaufstelle für Sorgen und Probleme aller Art an zentraler Stelle. Und daraus kann sich ein Veteranenheim entwickeln. Es kann und muss ein Ort entstehen, der Ausdruck ist der Wertschätzung für diejenigen, die treu gedient haben. Sie haben Treue verdient – von Seiten der Bundeswehr und mehr noch von Seiten der Gesellschaft. Darum geht es bei dem Veteranenbüro um konkrete Hilfe nicht um Symbolpolitik, so wichtig auch Symbole sind, um die Sichtbarkeit der Veteranen in der Gesellschaft zu steigern.

Nicht alle Veteranen finden sich nach ihrem Dienst in der Gesellschaft zu recht. Neben einer medizinischen Betreuung und Rahmenbedingungen, die einen weiteren Dienst in der Bundeswehr ermöglichen, gibt es eine Zahl an Veteranen, für die das Hilfesystem an seine Grenzen stößt. Sie brauchen einen Rückzugsraum sowie Unterstützung nicht nur medizinisch und psychologisch, sondern oft auch in sozialen Fragen. Der Staat hat gegenüber diesen Menschen eine Fürsorgepflicht. Deshalb ist für den genannten Personenkreis die Gründung eines Veteranenheims angezeigt. In Warendorf kann in Kooperation mit den Dienststellen der Bundeswehr, dem Veteranengeneral sowie dem Beauftragten für PTBS ein Haus entstehen, dass sowohl Anlaufstelle und Beratung, als auch Wohnstatt für Betroffene bietet. Dies gilt auch für Berlin und andere Orte. Neben einer zentralen Anlaufstelle wird es dezentrale Lösungen brauchen, die den unterschiedlichen Belangen und Bedürfnissen gerecht werden. Ein Beirat mit Expertinnen und Experten und die Einbindung in das Netzwerk der Hilfen würde die Stellung des Veteranenheims im Verbund der verschiedenen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen stärken. Das Veteranenheim ist das Signal: Wir lassen niemanden zurück.

Mit der Ausrichtung der Invictus Games in Deutschland 2023 setzt die Bundeswehr ein Zeichen. Die Invictus Games sind eine große Chance, Solidarität und Verbundenheit mit den Veteranen und mit den Streitkräften in der Gesellschaft zu stärken.

Neben dem Bund Deutscher EinsatzVeteranen (BDV) haben sich eine Vielzahl von Verbänden den Belangen der Veteranen angenommen. Gruppen wie PTBS-Eisblume sind im Netzwerk der Hilfen organisiert. Diese Vielfalt an Verbänden spiegelt eine Bandbreite an Interessen und Aufgaben wieder. Es ist gut, dass sich nicht nur eine Organisation der Sache der Veteranen annimmt. Die Vielfalt entspricht der Pluralität einer offenen Gesellschaft. Dies knüpft an der Tradition der Veteranen als Teil der bürgerlichen Vereinskultur an.

Die genannten Vorschläge erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sind Impulse für die Debatte um eine Veteranenpolitik, die die Bundeswehr und die Gesellschaft in die Pflicht nimmt. Die Männer und Frauen, die für unsere Freiheit, unsere Werte, unseren Wohlstand eintreten, haben es verdient, dass wir für sie Verantwortung übernehmen, wenn sie ihren Dienst geleistet haben.

Der Text ist bereits in der Rubrik „Fremde Federn“ in der FAZ erscheinen und steht hier in einer leicht aktualisierten Form.

10 Kommentare zu “Unsere Veteranen – Was Bundeswehr und Gesellschaft für Veteranen tun können

  1. Die BR Deutschland bräuchte eine Organisation ähnlich wie z.B. die“ Royal British Legion“ im Vereinigten Königreich. Das Bundeswehr-Sozialwerk macht eine großartige Arbeit, ist allerdings – im Gegensatz zur RBL in Großbritannien und Nordirland z.B. – außerhalb von „Bundeswehrfamilien“ – meinem Empfinden nach – in der Öffentlichkeit leider nur kaum wahrnehmbar.

    1. Herr Tauber, wir brauchen eine
      Veteranenkultur in Deutschland.
      Sie erinnern auch an das Karfreitagsgefecht vor 10 Jahren in Ihrem Beitrag. Als Ressortleiter Gedenken von Veteranenkultur e.V bin ich allen Helfern dankbar, das wir im öffentlichen Räume einen Gedenkplatz für Martin Augustyniak und Kameraden in Bielefeld geschaffen haben. Mein Dank geht im Namen seiner Eltern auch an Combat Veteran e.V, Verband der Reservisten, FUAV und die örtliche Politik.
      Siehe Bericht Veteranenkultur .de
      Ein Denkmal betritt den öffentlichen Raum. Neben dem Erinnern , thematisieren wir auch die Wünsche, Sorgen , das Schicksal der Hinterbliebenen, der Veteranen , Einsatzheimkehrer in der Öffentlichkeit. Der Gedenkplatz erfüllt neben dem Erinnern in der Öffentlichkeit auch ein Mittlerrolle zwischen Bundeswehr und Gesellschaft im Ganzen!!

  2. Sehr geehrter Herr Tauber,

    schön geschrieben. Ihr Einsatz für die Soldaten ist wirklich lobenswert und häufig stimme ich mit Ihnen überein.
    Nur brauch es wirklich noch einen, der fragt, der prüft, der Interviews gibt und dafür hoch bezahlt wird?

    Nein, der Wasserkopf einer Armee, die seit 75 Jahren keinen Krieg geführt hat, ist schon jetzt viel zu groß. Schicken Sie die Offiziere wieder in Führungsverantwortung und nicht nur 6 Monate als Zug- und 3 Jahre als Kompanieführer. Eine Armee braucht militärische Führer, keine Papiertiger mit einem „erfolgreich absolvierten Lonolehrgang“.
    Das mit den Veteranen können die Spieße der Einheiten in Verbindung mit einem Stabsfeldwebel, gern auch einem Stabsoffizier auf Divisionsebene (ähnlich Sergant Major of the Army).

    Sie schaffen immer mehr Stellen im Büro und vergessen dabei, dass noch irgendjemand diese zukünftigen Veteranen führen muss. Umso besser der ist (Erfahrung) desto weniger Arbeit hat die Bw im Anschluss mit ihnen.

  3. So richtig und so wichtig Ihre Vorschläge sind, sie sind wieder von der Versorgung her gedacht. Um eine Debatte was Deutschlands Interessen sind, dass Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist und welche Armee wir wollen kommen wir als Ausgangspunkt nicht herum. Und genau da kneifen alle in Verantwortung (wie die F18 Debatte gerade wiedermal zeigt). Und ohne Orientierung (ich weiß das ist jetzt eine schwierige Formulierung ist) geht die Debatte der Bürger in eine gefährliche Richtung. Zwischen Bewunderung für die Härte der russischen Armee und die Leistungen der Wehrmacht bleibt da wenig Raum für den Bürger in Uniform. Ich habe mal mit meinem BT Abgeordneten dazu diskutiert, erst desinteressiert und dann aggressiv gipfelte sie in der Aussage“Warum gehen Sie nicht zur BW [ich war schon jenseits der 40 zu diesem Zeitpunkt], für mich sind und bleiben es staatlich bezahlte Mörder“. Warum nicht einen Verein gründen der die Debatte wieder zum Bürger trägt, Sipo erklärt und vorallem Präsenz nicht scheut. Wer macht mit?

    1. Also Vereine und Verbände, die das nach außen tragen gibt es bereits genug. Es geht auch nicht um Versorgung, sondern vor allem um Wertschätzung und Anerkennung. Übrigens kenne ich niemanden, der die „Härte der russischen Armee“ bewundert. Wenn von den „Leistungen“ der Wehrmacht die Rede ist, dann gilt a) dass diese Armee Teil eines verbrecherischen Regimes war und b) die militärische Leistung militärisch-historisch auch zu hinterfragen ist. Das ist ebenfalls viel Legendenbildung dabei. Strategisch war das Handeln der militärischen Führung katastrophal.

      1. Guten Abend Herr Taubert,
        Zu „ich kenne keinen der die Härte der russischen Armee bewundert“ – ich leider einige in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt.
        Über Wehrmacht werden wir uns denke ich nicht streiten. Mir ging es darum darzustellen, dasszwei nicht vorbildwürdige Armeen den Raum für die Anerkennung der Soldaten der BW einengen.
        Zum Thema Vereine, wenn es genug sind wo sind den diese wenn es wiedermal brodelt in Sachsen weil die US-Army nach Polen verlegt? Ich bin der Meinung, dass man genau dann mit den Bürgern diskutieren und auch Bege mit den Amis organisieren muß. Ich habe das als privater vor zwei Jahren versucht zu organisieren und bin am Desinteresse der BW und der Politik gescheitert. Dafür braucht man schon einen schlagkräftigen Verein im Rücken
        Beste Grüße

  4. Schön geschrieben!

    Aber leider stelle ich fest das Sie immer wieder nur einen Veteranenverein namentlich in ihren Texten erwähnen, entweder man nennt alle oder keinen!?
    Man könnte sonst ja auf den Gedanken kommen das Sie sich nur aus einer Quelle her informieren oder man könnte Ihnen wohl möglich Parteilichkeit vorwerfen (was meines Erachtens einen parlamentarischen Staatssekretär nicht gut zu Gesicht stände).

  5. Danke Herr Tauber! Das können auch Sozialdemokraten unterschreiben und das ist wichtig, da die Belange der Veteranen eine breite politische Basis braucht. Vergessen Sie das im politischen Wettbewerb bitte nicht.

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