Corona – eine Herausforderung für den parlamentarischen Alltag
Das war definitiv eine der merkwürdigsten parlamentarischen Sitzungswochen, die ich je erlebt habe: In dieser Woche kam der Bundestag nun schon zum zweiten Mal in der Corona-Krise zu einer Sitzungswoche zusammen. Auch für den parlamentarischen Betrieb, der vom Austausch und der Debatte lebt, ist die Pandemie eine große Herausforderung und zwingt uns zu Anpassungen im Ablauf. Wo üblicherweise 709 Abgeordnete und mehr als 5300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Praktikantinnen und Praktikanten, Gäste und Besucher zusammenkommen, sind die Flure in diesen Wochen deutlich leerer. Und das obwohl die Arbeit für das Parlament im Krisenmodus nicht weniger geworden ist. Der Bundestag hat in den vergangenen beiden Sitzungswochen im Eiltempo Milliardenhilfen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen verabschiedetet, um aus der Pandemie resultierende soziale und wirtschaftliche Nöte in Deutschland abzufedern. Das zeigt: Auch wenn Krisen gerne als „die Stunde der Exekutive“ bezeichnet werden, spielt das Parlament als gesetzgebende Gewalt eine Schlüsselrolle in unserer repräsentativen Demokratie. Gerade in der Krise muss der Bundestag handlungsfähig und seine Mitglieder, soweit möglich, präsent sein.
Dabei gelten für die Abgeordneten, die für die Einhaltung des Abstandsgebots und der Kontaktbeschränkungen werben, selbstverständlich keine Sonderregeln. Häufiges Händewaschen und die Einhaltung von Husten- und Nießregeln gehören im Bundestag genauso zum Alltag wie momentan überall in Deutschland. Kontakte sind möglichst zu vermeiden und, wo nicht vermeidbar, muss ein Mindestabstand von 1,5 bis 2 Meter eingehalten werden. Das lässt sich im Büroalltag und dank Home-Office Regelungen für einen Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut umsetzen. Herausfordernder wird es mit Blick auf die Arbeit von Fraktions-, Landes, und Arbeitsgruppen, Ausschuss- und insbesondere Plenarsitzungen. Vieles läuft nun digital. Das gilt zum Beispiel für die Fraktionssitzung der Union, die per Videokonferenz stattfindet. Die über 200 Abgeordneten von CDU und CSU verfolgen über PC, Laptop oder Smartphone live den Fraktionsvorsitzenden, den CSU-Landesgruppenchef und die parlamentarischen Geschäftsführer, die im sonst vollen Fraktionssitzungssaal in eine Kamera sprechen.
Wo sich Zusammenkünfte nicht vermeiden lassen, gelten Einschränkungen und strenge Regeln. Das Plenum, das üblicherweise an drei Tagen zusammenkommt, fand in den vergangenen beiden Sitzungswochen an nur zwei Tagen statt. Im Plenarsaal wird nur jeder dritte Platz belegt, um die Abstandsregelungen einzuhalten. Einige Abgeordnete nehmen außerdem auf den Besuchertribünen Platz. Ein ungewöhnliches Bild!
In den Platzreihen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion standen in dieser Woche nur 75 statt wie üblich 246 Plätze zur Verfügung. Zu den einzelnen Tagesordnungspunkten sind immer diejenigen Abgeordneten vor Ort, die für den jeweiligen Arbeitsbereich zuständig sind. So wird sichergestellt, dass trotz stark reduzierter Platzierung im Plenarsaal stets Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker anwesend sind.
Kommt es zu Abstimmungen, gelten besondere Regeln, um die übliche Pulk-Bildung der Abgeordneten um die Wahlurnen zu vermeiden. Die Wahlurnen stehen nicht wie sonst im Plenarsaal, sondern außerhalb zur Verfügung. Die Abgeordneten werden alphabetisch in zwei Blöcken aufgerufen und die Abstimmungszeit verlängert, um einen Stau an den Urnen zu vermeiden. Denn auch bei der Stimmabgabe gilt: Mindestabstand zu Kolleginnen und Kollegen, Schriftführern und Plenarassistenten.
Übrigens: Eine Maskenpflicht gibt es im Bundestag (noch) nicht. Vereinzelt haben Kolleginnen und Kollegen – mich eingeschlossen – aber bereits in dieser Woche einen Mund- und Nasenschutz im Plenarsaal getragen.