Gedanken zur Soldatenwallfahrt in Lourdes
Lichter, Menschen, tief bewegt, manchmal still und zugleich beglückt, dann wieder viel Musik, bunte Uniformen, viel Lachen und gute Laune, Kameradschaft: eine Freude, die fröhlich und ansteckend war. So ähnlich war es vielleicht beim Einzug Jesu in Jerusalem oder bei der Speisung der 5000. So war es auf jeden Fall in Lourdes bei der Soldatenwallfahrt, an der ich dieses Jahr auf Einladung von Militärbischof Franz-Josef Overbeck teilnehmen durfte.
Die Internationale Soldatenwallfahrt in Lourdes ist für viele deutsche Soldaten etwas ganz Besonderes. Und das 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges Soldaten nicht nur aus Europa, sondern aus der ganzen Welt zusammenkommen, um für den Frieden zu beten, ist ein kleines Wunder. Genauso die Tatsache, dass die Völker Europas inzwischen ein gemeinsames Parlament wählen.
Die Menschen, die man in Lourdes trifft, die sind das Besondere. Ich habe mich gefreut bei der Eröffnung der niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld-Schouten
zu begegnen. Ein Selfie mit Grüßen für Ursula von der Leyen musste sein.
Gefreut habe ich mich auch, den Hauptfeldwebel Jan-Dirk Goldsweer wiederzutreffen. Er hat die Fahnenabordnung des Wachbataillons in Lourdes geführt. Wir beide kennen uns von der Sportschule in Warendorf, wo er mich über die Hindernisbahn des Kurses militärische Fitness begleitet hat.
Neu kennengelernt habe ich zum Beispiel Oberstabsfeldwebel Franz Niedermüller. Seit 2001 flechtet er Kreuze aus Schnur und verkauft sie für die Aktion „Sorgenkinder in Bundeswehrfamilien“. Ein toller Mann. Ich freue mich darüber, nun eines seiner Kreuze mein Eigen zu nennen. Übrigens hat er auf diese Weise schon über 41.000 Euro gesammelt.
Mehrere deutsche Generale waren dabei. Auch das ein gutes Zeichen der Verbundenheit mit der Truppe. Nicht nur mit Generalleutnant Knappe, sondern auch mit den Herren Habersetzer, Haumann, Klein und Durst habe ich mich austauschen können. Zeit für gute Gedanken und Kameradschaftspflege. Und das schließt den Austausch mit Militärbischof Franz-Josef Overbeck über Luther und katholische Frömmigkeit mit ein. Und das mein Vorgänger, der Bundestagsabgeordnete Markus Grübel, diesmal in Uniform dabei war, war ein schönes Zeichen!
Patrick Scheller, der gerade die französische Offiziersausbildung durchläuft, Oberleutnant Julia Zweifel, die mir Ihre Geschichte erzählt hat und ganz viele andere tolle Kameradinnen und Kameraden – zum Beispiel die Jungs an der Kuchentheke – haben die Zeit wie im Fluge vergehen lassen.
Neben den Gebeten, Kerzen und Gesprächen war die Musik überall gegenwärtig. Viele deutsche Pilgerinnen und Pilger trafen sich abends im Café Royal. Dort spielte dann auch unser Musikkorps ein Platzkonzert. Einige unserer Musiker blieben. Sie spielten für die Gäste, es wurde gesungen, gelacht und gefeiert.
Lourdes ist dabei immer beides: Das gesellige Beisammensein und der Austausch mit internationalen Kameradinnen und Kameraden, aber auch Momente der Stille und des Innehaltens, Gespräche über Sorgen und Nöte, Gedanken an den Tod, Verwundung und Krankheit.
In seiner Predigt hat der Bischof über das Wort „Suche Frieden und jage ihm nach“ mit uns nachgedacht. Ja. Wir müssen uns tatkräftig für den Frieden einsetzen. Das ist unser Auftrag nicht nur als Soldaten, sondern als Christen.
Der Bischof hat uns gesagt, Frieden, damit sei Gott gemeint. Ich habe bei mir gedacht: Wenn Friede Gott ist. Gott aber immer bei uns ist, warum sollte ich ihm nachjagen? Wäre es dann nicht bequemer und klüger sich an das Wort Luthers zu halten: „Man kann Gott auch durch Nichtstun dienen.“
Der Reformator hat sicher nicht gemeint, wir sollten die Hände in den Schoß legen. Eher hat er gemeint, wir sollten den Sonntag als Feiertag heiligen. Ganz sicher hat er aber gemeint, dass wir unser Tun prüfen sollen. Ist jede unserer Handlungen notwendig? Müssen wir jede Kritik laut aussprechen, jeden Fehler eines Anderen offenlegen? Kann es nicht sinnvoll sein, mit Nachsicht und Gelassenheit auf den Nächsten zu schauen? Auch solches Tun kann dem Motto unsererWallfahrt entsprechen. Und erst dann haben wir alles in der Hand, was wir brauchen, um Gott nicht nur zu suchen, sondern zu finden!
Die Wallfahrt dient auch dazu, dass sich Soldatinnen und Soldaten darauf besinnen können, was sie motiviert, welchen Werten sie dienen. Grundvoraussetzung dafür sind Streitkräfte, die in ihrem Inneren das leben, was sie verteidigen sollen: Deutsche Soldaten schützen heute nicht nur ein Staatsgebiet, sie verteidigen eine Werteordnung und zwar die des Grundgesetzes.
Wehrkraft entsteht dann, wenn der Soldat nicht nur gut ausgebildet ist, nicht nur Kameradschaft erlebt, sondern die Werte, die er verteidigen soll, in der Kaserne, im Dienstalltag und darüber hinaus in Beziehung zur Gesellschaft erlebbar sind.
Noch einmal Martin Luther. Der hat in seiner Schrift „Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können“ formuliert: „Gutes Gewissen gibt Kampfkraft.“ Bereits Luther verlangte also dem Soldaten ab, selbst zu bewerten, ob sein Kriegsdienst rechtmäßig ist.
Die Innere Führung – entscheidend mitgeprägt durch das christliche Menschenbild – soll ihn genau dazu in die Lage versetzen. Wolf Graf von Baudissin erinnert die Soldaten daran: „Menschlichkeit ist nicht teilbar. Soll sie nur noch bestimmten Gruppen vorbehalten bleiben, so wird sie ganz und gar verloren gehen. Der Soldat, der keine Achtung vor dem Mitmenschen hat, – und auch der Feind ist sein Mitmensch – ist weder als Vorgesetzter, noch als Kamerad oder als Mitbürger erträglich.“
Soldaten, die Einigkeit und Recht und Freiheit verpflichtet sind, benötigen mehr denn je einen inneren Kompass und ein sicheres ethisches Urteilsvermögen. Die Teilnahme an der Internationalen Soldatenwallfahrt ist für mich der lebendige Beweis, dass unsere Soldatinnen und Soldaten diese Grundwerte nicht nur teilen, sondern leben.
Besonders danke ich unseren Soldatinnen und Soldaten des Aufbaukommandos aus Beelitz sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der katholischen Militärseelsorge sowie der Militärmusik aus Hannover. Ich hoffe, ich kann nächstes Jahr wieder dabei sein.
Gelobt sei Jesus Christus! In Ewigkeit! Amen!
(Fotos: KS / Doreen Bierdel)
Sehr geehrter Herr Tauber
Auch wenn wir Kameraden aus dem LKdo BW Sie als „Hessen“ zu einem Foto mit dem Baden-Württemberg Kommando Wappen nötigten, möchte ich mich für Ihre „hemdsärmelige“ Teilnahme bedanken. Ihre Ansprache nach dem Feldgottesdienst war versiert und durchdacht. Sie zeigen Nähe zur Truppe und scheuen nicht den persönlichen Kontakt. Bei allem berechtigtem und unberechtigtem Unbill, welcher bezüglich der Bundeswehr in Teilen der Gesellschaft herrscht, gelang es Ihnen, zumindest bei meinen Kameraden und mir, das Vertrauen in die politische Führung zu verstärken und eine positive Haltung für die zukünftige Ausrichtung der Bundeswehr zu verfestigen.
Mit kameradschaftlichen Grüßen
Henrik Fliegner, Oberstleutnant
Kommissarischer Leiter BVK Freiburg