Von fernen Helden zu nahen Vorbildern – Das Bild der Marine damals und heute

Einleitende Gedanken

Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler hat einst das „freundliche Desinteresse“ der deutschen Gesellschaft an den Streitkräften beklagt.[1] Und in der Tat haben viele Soldatinnen und Soldaten in der Marine das Gefühl, dass sie pflichtbewusst ihren Dienst für Deutschland verrichten – und keinen interessiert‘s.

Doch stimmt das überhaupt? Gibt es einen Unterschied zwischen öffentlicher Meinung und veröffentlichter Meinung? Zahlen des ZMSBw legen diesen Schluss nahe, denn offensichtlich ist die Grundhaltung der Deutschen zu ihren Streitkräften sehr viel positiver als wir selbst glauben. Ja sogar der explizite Wunsch, Soldatinnen und Soldaten in der Öffentlichkeit stärker sichtbar werden zu lassen, ist demoskopisch untermauert und kein Wunschdenken im Presse/Info-Stab.[2]

Die Frage ist also: Bietet die Bundeswehr die richtigen Vorbilder oder gar Helden, die es braucht, um sich mit den eigenen Streitkräften zu identifizieren? Oder geht es angesichts des modernen Kriegsbildes gar nicht um den Menschen und sein Handeln, sondern um die Faszination der Technik? Erwächst Stolz auf die Marine aus der Einsatzbereitschaft einer Flotte? Was ist es mit Persönlichkeiten aus der Militärgeschichte? Wer taugt als Held oder Vorbild?

Wenn ich meine Erfahrungen und das von den Medien gezeichnete Bild unserer Streitkräfte nebeneinanderlege, dann hat dieses Land zwei Armeen: Eine Bundeswehr im Einsatz, die sich zudem mit den neuen Herausforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung auseinandersetzen muss, eine Bundeswehr, die von allen Angehörigen, zivilen Mitarbeitern und Soldaten, ein hohes Maß an Veränderungsbereitschaft verlangt – das ist die Bundeswehr, die ich erlebe. Viele Medien beschreiben hingegen eine Bundeswehr, bei der offensichtlich nichts funktioniert und in der man jedem Soldaten am besten einen Schülerlotsen an die Hand gibt, damit er sich nicht in den Fuß schießt. Ich will ganz offen sagen: Ich kann mir kein Land in der NATO vorstellen, wo Medien mit einer ja fast schon offensichtlichen Freude die eigenen Streitkräfte so schlechtreden wie bei uns.

Ich bin froh, dass mir im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern eine andere Haltung begegnet. Mir fällt auf, dass sie sich für den Menschen in der Uniform interessieren. Und das gilt nicht nur, wenn über vermeintliche Skandale in der Bundeswehr berichtet wird. Darum mein erstes Fazit: Das Interesse gilt auch moderner Technik und den Waffensystemen, den Schiffen und U-Booten, aber am Ende wollen sich die Bürger mit denen identifizieren, die Uniform tragen. Sie wollen stolz auf ihre Soldaten sein, vielleicht keine Helden in ihnen sehen, aber doch Vorbilder. Sie wollen, dass sie sich vorbildlich verhalten. Das entspricht durchaus unserem eigenen Selbstverständnis, das den Soldaten der Bundeswehr als Staatsbürger in Uniform beschreibt.

Und es entspricht einem neuen Typus des Vorbildes. Viele junge Menschen geben an, dass der eigene Vater oder der Trainer der Fußballmannschaft Vorbilder sind. Historisch wurden oft Helden wie Manfred von Richthofen oder Max Schmeling zu Vorbildern stilisiert – Helden des Sports und des Krieges. Diskreditieren die Brüche unserer Geschichte im 20. Jahrhundert indes nicht die Soldaten aus dem Zeitalter der Weltkriege als Helden oder Vorbilder für heute? Dient die Diskussion über Vorbilder nicht dem „autoritätsfixierten Verlangen, jungen Menschen einen pädagogischen Koloss vor die Nase zu setzen“, wie es Siegfried Lenz formuliert hat?

Wenn wir davon ausgehen, dass Menschen durch das Betrachten „außergewöhnlicher Biographien lernen“, und zudem immer mehr junge Menschen von sich sagen, dass sie nach Vorbildern suchen, dann kommen wir nicht umhin, uns die Frage zu stellen, welche Vorbilder das in der Marine sein sollen.[3] Mit dem neuen Traditionserlass haben wir eine gute Grundlage, um die nicht immer leichte Frage mit Blick auf historische Persönlichkeiten zu beantworten.[4] Das passt zu einer „Renaissance der Vorbilder“, von der in der Pädagogik die Rede ist.

Mit #wirsindmarine hat der Inspekteur hier eine klare Vorgabe gemacht.[5] Dabei geht es eben nicht nur um Selbstsicht, Einsatzbereitschaft und Handlungsfähigkeit der Marine. Es geht auch um die Frage, welche Persönlichkeiten die Marine heute repräsentieren sollen. Wie sehen Vorbilder aus? Damit verbunden ist außerdem zu diskutieren: Wollen wir, dass Soldaten Vorbilder sind? Und welcher Soldat ist heute in der Marine und darüber hinaus für die Gesellschaft ein Vorbild? Tragen Vorbilder dazu bei, dass die Soldatinnen und Soldaten der Marine als „Staatsbürger in Uniform“ Ansehen und Unterstützung durch die Gesellschaft erfahren?

Schwierige Helden und Vorbilder der Vergangenheit

Blicken wir zunächst auf die Geschichte. Wie steht es um die Helden der Vergangenheit, die uns in ihrer Lebenswelt und in ihrem Handeln so fern erscheinen? Können Sie in einer postheroischen Gesellschaft, wenn sie schon nicht von gesellschaftlicher Relevanz sind, so doch wenigstens in den Streitkräften Anerkennung und Würdigung finden?

Als mit der Gründung der Bundeswehr im Bonner Verteidigungsministerium die Uniformen präsentiert wurden, war man bemüht, das Neue zu betonen: Die Uniformen von Heer und Luftwaffe sowie der Kampfanzug „mit Tarndruck“ und ein Stahlhelm, für den das „amerikanische Vorbild maßgebend“ war, beschrieben sichtbar den Neuanfang der jungen Streitkräfte. Dass die Beschreibung dieses Neuanfangs keineswegs banal war, merkt man an den Kommentaren. Im Werbefilm ist noch von den „neuen Uniformen“ für die „künftige Wehrmacht“ die Rede.

Und am Ende des Filmbeitrags wird die Marine präsentiert. Da heißt es zu den Uniformen der Seestreitkräfte nur: „Und kaum verändert zeigt sich die Marine.“[6] Nun war eine Änderung der Marineuniform angesichts ihres zeitlosen Stils nicht notwendig. Man kann aber auch kritisch die Frage stellen, wie groß der Wunsch nach Abgrenzung zur Kriegsmarine Hitlerdeutschlands überhaupt war? Angesichts der Tatsache, dass die meisten Offiziere der Bundeswehr kriegsgediente Wehrmachtsoffiziere waren, und dem damals geltenden Narrativ der angeblich „sauberen“ Wehrmacht, ist es eine spannende Aufgabe der Historiker, dieser Ambivalenz zwischen Neuanfang und Kontinuitäten nachzuspüren.

Wir erinnern uns: Konrad Adenauer hatte am 3. Dezember 1952 in einer Ehrenerklärung vor dem Bundestag gesagt, dass „wir alle Waffenträger unseres Volkes, die im Rahmen der hohen soldatischen Überlieferungen ehrenhaft zu Lande, zu Wasser und in der Luft gekämpft haben, anerkennen. Wir sind überzeugt, daß der gute Ruf und die große Leistung des deutschen Soldaten trotz aller Schmähungen während der vergangenen Jahre in unserem Volk noch lebendig geblieben sind und auch bleiben werden. Es muß auch gemeinsame Aufgabe sein, und ich bin sicher, wir werden sie lösen, die sittlichen Werte des deutschen Soldatentums mit der Demokratie zu verschmelzen.“ So sehr wir den ersten Teil heute kritisch bewerten, so sehr ist der letzte Satz entscheidend: „Die sittlichen Werte des deutschen Soldatentums mit der Demokratie zu verschmelzen.“ Er weist in die Zukunft und beschreibt ein Ziel, das damals ja durchaus umstritten war: Demokratie und Streitkräfte – geht das überhaupt?[7] Die Bundeswehr hat den Nachweis erbracht, dass es geht.

Da die Wehrmacht als Teil des nationalsozialistischen Regimes für uns keine Tradition stiften kann, bleibt die Frage nach Persönlichkeiten – auch aus dieser Zeit. In der öffentlichen Debatte tauchen immer wieder zwei Männer auf, deren Lebensgeschichten unterschiedlicher nicht sein könnten und die doch immer wieder verglichen werden: Johannesson und Langsdorff.[8] Sie kennen die Geschichten dieser beiden Offiziere. Die Tat des einen, die Rettung der Mannschaft des Panzerschiffs Graf Spee, bedarf einer Betrachtung und Würdigung auf der Basis historischer Fakten und nach den Maßstäben der Inneren Führung und des Traditionserlasses.

Johannesson hingegen hat als erster Befehlshaber der Flotte der neuen Bundesmarine durch sein Tun den Nachweis erbracht, als Offizier in der Demokratie dieser Bundesrepublik und der Freiheitlichen demokratischen Grundordnung dienen zu wollen. Er bleibt damit ein wichtiger Gründervater unserer Bundeswehr, sein Lebensweg lohnt auch deshalb eine Auseinandersetzung, weil wir alle inzwischen das, was Helmut Kohl als „Gnade der späten Geburt“ bezeichnet hat, für uns in Anspruch nehmen können. Gerade das verlangt von uns mehr und nicht weniger Verantwortung. Es verlangt, zu handeln, wenn in unserer Gesellschaft und in den Streitkräften Überzeugungen Raum greifen, die eben nicht mit den Werten des Grundgesetzes und den Prinzipien der Inneren Führung vereinbar sind.

Haben wir selbst die Kraft, Positionen, die wir lange vertreten haben, die sich als überholt oder falsch herausstellen, abzulegen, neue Einsichten anzunehmen? In Wahrheit fällt uns das schon bei Kleinigkeiten manchmal schwer. Wie schwer muss dann nicht nur die Einsicht sein, einer falschen Sache gedient zu haben und dies zu bekennen? Dass alles kann Johannesson als Persönlichkeit für sich reklamieren.

Wolf Graf von Baudissin, der Vater der Inneren Führung, hat es so formuliert: „Es ging uns niemals um eine Ablehnung des Vergangenen oder von Traditionen schlechthin. Wir meinten allerdings unterscheiden zu müssen, zwischen der Geschichte, die als Ganzes, ihrem Auf und Ab, Glück und Unglück, Erhebendem und Schmachvollem ausgehalten werden muss – schon um zu wissen, wohin wir eigentlich gehören – und den Traditionen, die uns zur Lösung der gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben hilfreich sein können.“[9]

Ohne die Befassung und Bewertung der Geschichte kann keine Tradition herausgebildet werden. Die Auseinandersetzung mit den Lebensgeschichten von Soldaten aus allen Epochen ist also notwendig. Da im Frieden der Offizier dem Krieg nur in der Geschichte begegnet, wie es Johannesson selbst formuliert hat, lohnt sich also die Militärgeschichte – nicht zu verwechseln mit der Traditionspflege – immer.[10] Aus ihr entsteht ebenfalls Selbstverständnis und Identität.

Warum versuchen vor allem politisch linke Kräfte, die Gründerväter der Bundeswehr zu diskreditieren? Geht es wirklich nur um deren Vergangenheit als Soldaten der Wehrmacht? Ich glaube das nicht. Vorbilder und gar Helden taugen nichts für linke Weltbilder. Einzelnen Personen besondere Leistungen und Fähigkeiten zuzuschreiben widerspricht fundamental den linken Vorstellungen einer egalitären Gesellschaft. Das Militär mit seiner notwendigerweise hierarchischen Struktur ist damit für die politische Linke eine Provokation par excellence. Daher ist die Vorstellung abwegig, man könne durch das Umbenennen von Kasernen und das Tilgen von Namen die politische Linke zu einer positiveren Haltung gegenüber der Bundeswehr bewegen.

Die Innere Führung fordert, dass der Soldat in den Streitkräften das erleben muss, was er verteidigen soll – also eine freiheitliche, demokratische und pluralistische Gesellschaft. Aber ist nicht genauso richtig, dass unsere Gesellschaft akzeptieren muss, dass Streitkräfte eigene Bedarfe haben – vielleicht auch mit Blick auf ihre Vorbilder oder Helden? Nein. Unsere Helden und Vorbilder müssen Menschen sein, deren Tun mit den Werten unserer Gesellschaft in Einklang stehen – und zudem soldatischen Werten wie Tapferkeit und Pflichtbewusstsein entsprechen. Die Bundeswehr ist ein Teil der Gesellschaft und der Soldatenberuf dennoch ein Beruf sui generis. Lässt sich dieser Streit vielleicht dahingehend auflösen, dass beides zugleich richtig ist? Wird es uns bewusst, wenn wir prüfen, welche Maßstäbe wir an diejenigen anlegen, die wir als Vorbilder bezeichnen? Die Innere Führung verlangt übrigens genau das von uns: Einerseits muss der Soldat gesellschaftliche Veränderungen nachvollziehen und akzeptieren. Und er muss deutlich machen, dass die Berücksichtigung gesellschaftlicher Veränderungen dort Grenzen findet, wo die Erfüllung der militärischen Aufgaben unzulässig eingeschränkt wird. Deswegen muss militärische Erziehung und Ausbildung auch anders strukturiert sein als eine Waldorfschule.

Ich halte es deshalb nicht für klug, die Bundeswehr permanent als „Arbeitgeber“ zu beschreiben. Wir sind kein Unternehmen. Wir sind Streitkräfte. Soldaten arbeiten auch nicht. Soldaten dienen. Deswegen ist die Bezeichnung Soldatenarbeitszeitverordnung (SAZV) in der Sache falsch – über den Inhalt will ich hier nicht sprechen.

Abgeleitet aus dem skizzierten Dualismus, den uns die Innere Führung vorgibt, stellt sich eindringlich die Frage, was unser Handeln als vorbildlich ausweist. Wenn wir beispielsweise über Integration reden, dann kann diese Gesellschaft viel von der Bundeswehr lernen. Dort wo beispielsweise Kameraden mit einer Einwanderungsgeschichte dienen, sind sie einerseits als Landsleute im Kameradenkreis akzeptiert und wertgeschätzt, während sie in unserer Gesellschaft oft genug gefragt werden, „wo sie eigentlich herkommen“. Und doch ist die Bundeswehr ein Spiegelbild der Gesellschaft. Deshalb erleben wir Rechtsextremismus nicht nur als gesellschaftliche Herausforderung, sondern auch in der Bundeswehr.[11] Ob wir wollen oder nicht, wir müssen uns also zu den Veränderungen und Herausforderungen unserer Gesellschaft verhalten. An wem orientieren wir uns dabei? An den Helden der Vergangenheit, an den Vorbildern unseres Alltags, gar an Prinzipien?

Der Schriftsteller Jürgen Busche hat die Besonderheit des Soldatenberufs ganz treffend auf den Punkt gebracht. Er hat formuliert: „Der Soldat muss handeln, obwohl es gefährlich und der Erfolg unsicher ist. Und: der Soldat muss handeln, weil es gefährlich und der Erfolg unsicher ist. Im einen Aspekt muss er Bedrohung aushalten, im anderen sie als Chance erkennen und nutzen können. Beides verlangt nach dem gehörigen Maß. Aushalten und nutzen können, erweist den Held im Kriege. Die Fähigkeit aber, das gehörige Maß zu finden, bildet sich im Frieden und bewährt sich zuletzt auch nur dort.“[12]

Damit sind wesentliche Prinzipien soldatischen Selbstverständnisses treffen beschrieben. Nur müssen sie sichtbar sein. Auch wenn Busche vom Helden schreibt, lassen Sie uns mit Blick auf das tägliche Erfahren von Verantwortung und Gewissen als Richtschnur soldatischen Handelns doch besser von Vorbildern sprechen. Und von Vorbildern, die wir täglich erleben können.

Die unbekannten Vorbilder und fernen Helden

Verabschieden wir uns also von der Idee des Helden? Sind die historischen Helden so „schwierig“ oder unbekannt, dass wir uns allein deswegen nach „nahen“ Vorbildern umschauen sollten? Ein letzter Rettungsversuch sei gestattet.

Marinesoldaten ist Admiral Carl Rudolph Bromme, genannt Brommy (1804-1860) sicher ein Begriff. Er war der erste deutsche Admiral einer gesamtdeutschen Flotte, unter dessen Kommando 1848 immerhin drei Dampfkorvetten und eine Segelfregatte standen. Mit einer Büste an der Marineschule Mürwik ist er dort verewigt. Andere Formen des Gedenkens wie die Admiral-Brommy-Kaserne, die 1997 geschlossen wurde, gibt es derzeit nicht.[13] Dabei wäre Brommy gerade heute ein gutes Vorbild, um ihn ins Bewusstsein zu rücken. Er diente in der griechischen Marine, war also „multinational“ oder zumindest europäisch geprägt. Er war gebildet und vielseitig interessiert und entsprach damit dem Bild des heute akademisch gebildeten Offiziers. Er war Autor eines Standardwerks der damaligen Zeit über die Marine. Sein Biograph Erwin Wagner beschreibt ihn so: „Er war Seemann, Offizier und Vorgesetzer, und er glaubte immer an den Erfolg.“ Eine solche Haltung erwarten wir auch heute.

Von der Idee einer gesamtdeutschen Marine war er geradezu beseelt. Nicht nur beim preußischen König, sondern auch bei den Abgeordneten der Nationalversammlung warb er dafür. Unter seiner Führung wehte schließlich zum ersten Mal eine schwarz-rot-goldene Flagge auf einem Kriegsschiff. Hat die Marine letztes Jahr an das erste Seegefecht einer gesamtdeutschen Marine am 4. Juli 1849 – also vor 150 Jahren – erinnert?[14] Damals unternahm Brommy mit den Schiffen Barbarossa, Hamburg und Lübeck den Versuch, die dänische Blockade zu stören. In Sichtweite Helgolands feuerten die Schiffe auf eine dänische Segelkorvette. Angesichts der Nähe zur Insel, die damals britisch war, wurde das Gefecht nicht fortgeführt, um keine zusätzlichen außenpolitischen Schwierigkeiten zu verursachen. Man kann eine Operationsführung, die sowohl das Prinzip der Verhältnismäßigkeit als auch das Primat der Politik bedenkt, erkennen.

Wie steht es um den berühmtesten deutschen U-Boot-Kommandanten? Und damit ist nicht der Kommandant von U 96 aus dem Buch „Das Boot“ von Lothar-Günther Buchheim, sensationell verfilmt von Wolfgang Petersen, gemeint. Die Rede ist von Otto Weddingen, U-Boot-Kommandant im Ersten Weltkrieg und seinerzeit in seiner Bekanntheit nur noch übertroffen vom Roten Baron, Manfred von Richthofen. Nach Richthofen ist ein Geschwader der Luftwaffe benannt. Nach Weddingen benannt ist eine Schwimmpier im Marinestützpunkt Kiel. Doch während die Geschichte des Roten Barons erst 2008 mit Matthias Schweighöfer und Till Schweiger erneut verfilmt wurde, ist Weddingen im wahrsten Sinne des Wortes nach seinem Tode auf See im März 1915 erneut untergegangen. Im Jahr 1994 wurde er aus dem Großen Brockhaus gestrichen.[15]

Wir haben eine Ahnung davon, dass es den Helden, der strahlend auf einem Podest steht, so nicht gibt. Helden sind keine Heiligen. Und selbst die sind ja oft nur zu Heiligen erklärt worden, weil sie in ihrem Leben etwas getan haben, an dem andere Anstoß genommen haben. Müssen also Einzelpersonen nicht zwangsläufig an unseren hohen Ansprüchen scheitern? Sind es also eher die namenlosen Soldaten, die treu ihre Pflicht erfüllen und dabei über sich hinauswachsen, die uns heute als Vorbild und Helden taugen? Mit Blick auf die Marine denkt man dann sofort an das berühmte Bild „Der letzte Mann“ von Hans Bohrdt, das tausendfach nicht nur in Kasernen, sondern in deutschen Jugendzimmern hing und in allen Zeiten wenn auch mit recht unterschiedlichem Kontext in Schulbüchern zu finden war und ist? Dabei ist nicht nur die Geschichte des Bildes und seine Entstehung, deren Authentizität sich auf britische Zeitzeugenberichte der Schlacht beruft, interessant. Vorausgegangen war ein sich über mehrere Wochen hinziehender Seekrieg, bei dem das Geschwader unter dem Kommando des Admirals Maximilian Graf von Spee am Ende versenkt wurde. Über 2.200 Marinesoldaten fanden in der Schlacht bei den Falklandinseln Anfang Dezember 1914 den Tod, auch der letzte Mann auf der SMS Leipzig, der trotzig die Reichskriegsflagge den Briten entgegenstreckte.[16]

Die Stilisierung des Opfertodes ist uns heute zurecht fremd. Es macht einen Unterschied, ob man den Verlust des Lebens zur Erfüllung des Auftrags in Kauf nimmt oder ob das Sterben im Kampf als Selbstzweck überhöht wird. Und gerade das namenlose Sterben entspricht nicht unserem Verständnis des Dienens für unser Land. Gerade deshalb will das Ehrenmal der Bundeswehr unseren Toten mit ihren Namen erinnern und wertschätzen. Auch die namenlosen Helden sind also durchaus für uns heute schwierig.

Viele andere Persönlichkeiten habe ich nicht erwähnt, doch soll ein Name unbedingt noch genannt werden. Johann Wilhelm Kinau alias Gorch Fock wird in einer Internetenzyklopädie als „deutscher Schriftsteller“ geführt und nicht als Seeheld. Gefallen in der Seeschlacht am Skagerrak entspricht er dem Bild des Helden zumindest aus unserer Sicht noch am ehesten – nicht nur aufgrund seiner soldatischen Pflichterfüllung. Gorch Fock hat uns viele wunderbare Aphorismen hinterlassen. Einer davon lautet: „Des Mannes bester Kamerad ist die Kameradin“. Schauen wir uns also einmal an, wie es um die Männer und Frauen der Marine bestellt ist. Wenn sie nicht Helden sind, so sind sie vielleicht doch Vorbilder?

Was sagt die Innere Führung?

An dieser Stelle tut es Not, dass wir uns etwas mit der Inneren Führung beschäftigen, die leider von vielen lediglich als Führungsprinzip verstanden wird.[17] Sie ist viel mehr. Sie ist die Grundlage soldatischen Selbstverständnisses in unserer Bundeswehr sowohl beim Gestalten des Innendienstes als auch im Gefecht. Militärische Leistungsfähigkeit – so die Idee – erwächst dabei durch ein Höchstmaß an Freiheiten und Rechten. Der Soldat soll im Dienst das Erleben können, was er verteidigen soll, um mit Baudissin zu sprechen.

Ein kurzer Einschub sei gestattet: Innere Führung verlangt viel von Soldatinnen und Soldaten. Deutsche Soldaten heute verteidigen nicht mehr nur ein Staatsgebiet und ein Volk. Sie verteidigen eine Werteordnung, die des Grundgesetzes. Übrigens sind sie auch in diesem Anspruch Vorbild für eine Gesellschaft, die sich offenkundig nicht bewusst ist, dass Einigkeit und Recht und Freiheit jeden Tag aufs Neue erkämpft und verteidigt werden müssen.

Das Gelingen von Innerer Führung setzt die Bereitschaft voraus, Verantwortung zu übernehmen: Für das eigene Handeln und im Falle des Offiziers auch für andere. Innere Führung beschreibt also die Identität eines verantwortungsbewussten Soldaten. Sie ist das ethisch-moralische Fundament unseres Handelns. Erst durch das Verstehen der Prinzipien kann der Soldat in einer freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft überhaupt zum Vorbild werden. Die Innere Führung kennt keine klassische Heldenverehrung. Was übrigens nicht ausschließt, dass die Öffentlichkeit einzelne Soldaten als Helden bezeichnet, wie es jüngst die Bild am Sonntag mit Kapitän z.S. Langsdorff getan hat.[18] Richtig angewandt verlangt die Innere Führung aber gerade vom Marineoffizier eins: Er kann nicht nur, er muss Vorbild sein.

Wann ist ein Marinesoldat heute in unserer Gesellschaft ein Vorbild? Die Konzeption der Inneren Führung schuf den Typ des modernen Soldaten, der „freier Mensch, guter Staatsbürger und vollwertiger Soldat zugleich“ sein sollte. Dieser Anspruch ist zeitlos und heute sicherlich nicht weniger anspruchsvoll als vor 60 Jahren. Durch die Innere Führung werden die Werte und Normen des Grundgesetzes in der Bundeswehr verwirklicht. Sie bildet die Prinzipien von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den Streitkräften ab. Als „Staatsbürger in Uniform“ wird der Soldat, der seinen Dienst nach den Prinzipien der Inneren Führung verrichtet, nicht nur zum Vorbild für andere Soldatinnen und Soldaten. Er wird zum Vorbild für diese Gesellschaft, wenn er sein Handeln nach Verantwortung aus seinem Gewissen heraus ableitet.

Ein zweiter Einschub sei erlaubt: Wir neigen heute dazu, Innere Führung zu problematisieren. Negatives Handeln wird mit ihrem Versagen gleichgesetzt, während Positives nicht mit ihr Verbindung gebracht wird. Deswegen gibt es immer wieder Stimmen, die Innere Führung als „Auslaufmodell“ oder „obsolet“ bezeichnen. Vorbildliches soldatisches Handeln basiert – wenn wir genau hinschauen – aber oftmals auf der Idee der Inneren Führung.

Die Innere Führung stellt unseren Soldatinnen und Soldaten also ein Ideal vor Augen, auf das hin sie sich erziehen können. Baudissins Vorbild ist daher nicht der „hart erzogene Soldat“, sondern der „sich selbst hart erziehende“ Soldat. Sich selbst hart erziehen: Das verlangt eine Menge Pflichtbewusstsein und Disziplin. Baudissin war viel mehr Preuße als manche das heute glauben mögen. Zum Glück öffnet der neue Traditionserlass die Tore weit, um sich wieder stärker auf preußische Militärtraditionen zu besinnen.

Das preußische Ethos von Freiheit und Pflicht begegnet uns noch an anderer Stelle: Baudissin sagt, dass der Soldat „nicht um des Gehorsams willen, sondern aus Gewissenhaftigkeit“ gehorcht. Und wem Baudissin nicht reicht, dem sei Martin Luther anempfohlen, der in seiner Schrift „Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können“ formuliert hat: „Gutes Gewissen gibt Kampfkraft.“[19] Das  Gewissen ist die Voraussetzung. Entscheidend ist aber die Bereitschaft zur Verantwortung. „Aus der Verantwortung heraus ergibt sich der Gehorsam von allein.“

Es gibt ein paar Sätze von Wolf Graf von Baudissin, die ich bedenkenswert finde und die uns helfen, die Frage zu beantworten, welche „nahen Vorbilder“ wir heute brauchen. Zwei seien hier zitiert. Baudissin definiert: „Menschlichkeit ist nicht teilbar. Soll sie nur noch bestimmten Gruppen vorbehalten bleiben, so wird sie ganz und gar verloren gehen. Der Soldat, der keine Achtung vor dem Mitmenschen hat, – und auch der Feind ist sein Mitmensch – ist weder als Vorgesetzter, noch als Kamerad oder als Mitbürger erträglich.“ Ein Satz, der auch mit Blick auf eine Gesellschaft, die momentan eher auf das Trennende schaut als auf das was verbindet, den Soldaten, der nach ihm lebt, zum Vorbild macht.

Das zweite Zitat unterstreich noch stärker die Rückbindung des Bundeswehrsoldaten in die Gesellschaft hinein und beschreibt zugleich seinen wesentlichen Auftrag: „Der Soldat wird erst dann ein Höchstmaß an abwehrbereiter Kriegstüchtigkeit entwickeln und damit einen wertvollen Beitrag zur Friedewahrung leisten, wenn er sich aus staatsbürgerlicher Einsicht unterordnet und der Gemeinschaft gegenüber verantwortlich fühlt.“ Die Menschen in der Bundeswehr sind demzufolge nicht nur Teil der Gesellschaft mit ihrer Vielfalt, aber auch mit ihren Interessengegensätzen und Konflikten. Sie fühlen sich für diese Gesellschaft verantwortlich. Sie dienen diesem Land. Das macht sie zu Vorbildern. Wird von Vorbildern nicht Führung erwartet?

Vorbilder von heute

„Nur wer zum Dienen bereit ist“, so das erste Handbuch Innere Führung, könne führen. Richtschnur dafür ist ein soldatischer Wertekanon, der von den Grundsätzen der Inneren Führung abgeleitet ist: Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr treten aktiv für die Werte und Normen des Grundgesetzes ein. Sie sollen tapfer, treu und gewissenhaft, kameradschaftlich und fürsorglich, diszipliniert, fachlich befähigt und lernwillig, wahrhaftig gegenüber sich und anderen, gerecht, tolerant und aufgeschlossen gegenüber anderen Kulturen und moralisch urteilsfähig sein. Das ist nicht gerade wenig. Nun gut, von Vorbildern darf man einiges erwarten. Wenn Sie übrigens ein öffentlich sichtbares Beispiel für „kameradschaftlich und fürsorglich“ suchen, dann schauen Sie sich an, wie Kameradinnen und Kameraden der in Mali schwer verunglückten Soldatin Genesungswünsche über soziale Netzwerke zugeschickt haben. Das war für mich ein gelebtes und herausragendes Beispiel von Kameradschaft.

Sind soziale Netzwerke vielleicht Orte, in denen wir nahe Vorbilder viel leichter und besser erleben können? Trifft man dort auf den Staatsbürger in Uniform? Wenn der Inspekteur der Marine seine drei Alphas auf Twitter mitteilt, dann ist das eine Sache, aber was, wenn das der Obermaat auch tut? Und umgekehrt: Welcher S2 will einem Panzergrenadier noch verbieten, Fotos auf Stube zu posten, wenn der GI und die Ministerin auf dem Übungsplatz bereitwillig mit der Truppe zum Selfie antreten?

Reden wir lieber nicht über ein aus der Zeit gefallenes pauschales Fotografierverbot in militärischen Liegenschaften, in denen mittels Google Earth und spätes am Tag der Bundeswehr alle Tore offenstehen. Wenn dieses Verbot demnächst aufgehoben werden sollte, dann wird es anstrengend. Das bedeutet dann nämlich Verantwortung zu übernehmen. Man muss vor Ort entscheiden, in welchen Bereichen aus Sicherheitsgründen auch künftig keine Fotos gemacht werden dürfen.

Reden wir deswegen noch einmal kurz über die Social Media Guidelines, die das Ministerium herausgegeben hat.[20] Ziel dieser Guidelines ist nicht nur, sich verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Worum geht es?

Social-Media-Guidelines

Andere Streitkräfte unternehmen seit langer Zeit große Anstrengungen, um ihren Soldatinnen und Soldaten nicht nur Handlungssicherheit im Netz zu vermitteln. Fast schon legendär ist das, was die Israelischen Streitkräfte (IDF) in sozialen Netzwerken tut. In den Medien ist da sogar von einem „IDF Social Media Empire“ gesprochen.[21] Dabei ist das, was die Soldatinnen und Soldaten tun, übrigens nur ein Aspekt. Die israelischen Streitkräfte nutzen soziale Netzwerke intensiv zum Erklären und Begleiten, ja sogar zur Vorbereitung ihrer Operationen. Es gibt darüber hinaus eine Fülle von positiven Beispielen: Die US Army verlangt inzwischen von ihren Führern, sich aktiv in sozialen Netzen zu engagieren, um Vorbild zu sein, um die Familien ihrer Soldaten auch direkt zu informieren und um in die Gesellschaft hineinzuwirken.[22] Die Briten unterstützen ihre Soldaten ebenfalls darin, Social Media auf eine authentische Art und Weise zu nutzen.[23] Es war also längst überfällig, dass die Bundeswehr dem folgt.[24]

Wer glaubt, die Aktivitäten der Bundeswehr und einzelner Soldatinnen und Soldaten in sozialen Netzwerken dienten vor allem der Nachwuchswerbung, der hat es nicht verstanden. Sicher ist das ein Aspekt, aber eben nur ein nachrangiger, auch wenn das unsere Nachwuchswerbung nicht gerne hören wird. Die Präsenz von Soldatinnen und Soldaten in sozialen Netzwerken ist nach meiner festen Überzeugung ein wesentliches Element der strategischen Kommunikation sowie der Resilienzbildung in unserer Gesellschaft.[25]

Wenn wir über nahe Vorbilder für Soldatinnen und Soldaten, aber auch für unsere Gesellschaft reden, dann wird man diese Vorbilder neben dem persönlichen Umfeld nur über soziale Netzwerke aus authentisch und erlebbar wahrnehmen und nicht über Hochglanzbroschüren oder Medienberichte. Ein Soldat, der ein nahes Vorbild ist, muss dabei zwei wesentlichen Ansprüchen genügen: Zuallererst muss er in Ausübung seines Dienstes, in Kameradschaft und Pflichterfüllung und in der Vermittlung der Freunde am Dienst vorbildlich sein. Wichtig ist, dass Menschen sehen müssen, dass die Soldaten dieselben Interessen und Bedürfnisse haben wie sie: Eine Familie die sie lieben, ein Haustier, die Freude an gutem Essen oder am Sport.

Es geht darum, mittels Social Media Vorbilder sichtbar und nahbar zu machen. Der ansonsten so wunderbare Satz Moltkes, das preußische „Mehr sein als schein, viel leisten, wenig hervortreten.“ gilt mit Blick auf die Kommunikation in sozialen Netzwerken also nur eingeschränkt. Und auch um das noch einmal deutlich zu machen: Es geht hier nicht um die offizielle Kommunikation durch das PIZ Marine. Soziale Netzwerke funktionieren nur dann, wenn Menschen dort Menschen finden, die authentisch und glaubwürdig Einblicke in ihr Leben geben, die durch ihr Tun faszinieren und begeistern, zum Nachahmen anregen und vorbildlich sind.

Wie steht es nun um die nahen Vorbilder der Marine? Leider kann ich gar nicht alle nennen, die mir da einfallen. Deswegen muss es hier bei einer zufälligen Nennung bleiben. Auf den relevanten sozialen Netzwerken Twitter, Facebook und Instagram sind viele Soldatinnen und Soldaten der Marine aktiv. Für Twitter empfehle ich Ihnen den Inspekteur @chiefdeunavy oder Flottillenadmiral Christian Bock @com_deu_flotilla1. Auf Facebook lohnt es sich Kapitänleutnant Tanja Merkl oder dem Obermaat d.R. Michael Mey, der übrigens begnadete Fotos macht, zu folgen. Das für die Sichtbarkeit gerade gegenüber der jungen Generation relevanteste Netzwerk ist allerdings Instagram. Korvettenkapitän Tanja Merkl und Obermaat Mey sind auch dort zu finden. Der Inspekteur nicht. Er twittert vielleicht auch mehr für das politische Berlin als für seine eigenen Soldaten, denn die wird er nur eingeschränkt auf Twitter finden. Wenn es mir zusteht will ich aber auch das einmal hier sagen: Er macht das auf Twitter wie aus dem Lehrbuch und war mit Blick auf die anderen Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche ein echter „Wellenreiter“.[26]

Auf Instagram genieße ich die Stories der beiden Hauptbootsmänner Christian Metzmacher @beardedchief und Philipp Ragge @raggetorres. Auch weibliche Marinesoldaten wie @lena_not_lena oder @franziska_emanueal, bei denen ich den richtigen Namen gar nicht weiß, machen das sehr gut. Der Marinesoldat mit der größten Reichweite auf Instagram mit 281.000 Followern ist definitiv Maurice Laaß alias @capitano.maurice. Er hat eine größere Reichweite als die FAZ mit gut 230.000 verkaufter täglicher Druckauflage!

Wenn Sie dann noch nicht genug haben, dann empfehle ich unbedingt noch @teljalbn und @lt.fabio und ganz viele andere, die Sie unter dem Hasthag #socialmediadivision finden. Mir macht es viel Freude, unseren Soldatinnen und Soldaten online zu folgen. Und ganz ehrlich: Ich habe schon welche getroffen, die ich dann mit ihrem social-media-Namen ansprechen musste, weil ich den Klarnamen gar nicht wusste.

Mein Fazit: Ich bin begeistert, welches Bild viele unserer Soldatinnen und Soldaten – gerade auch der Marine – von unseren Streitkräften in sozialen Netzwerken zeigen. Man merkt die Freude am Dienst, aber auch die Anstrengungen. Man merkt, da sind Bürgerinnen und Bürger, die fühlen sich verantwortlich für unser Land. Für den Frieden. Für unsere Freiheit. Es liegt aber an Ihnen als Vorgesetzte, mehr Männer und Frauen in die Lage zu versetzen und zu ermutigen, diese Freude am Dienst und das, was sie als Persönlichkeiten ausmacht, mit anderen zu teilen. Das tun wir bisher nur unkoordiniert und manche der Kameraden sogar mit Missbilligung durch Vorgesetzten. Ich höre oft Beispiele von Soldaten, die gemäß des Leitungswillens und auf der Basis der neuen Social-Media-Guidelines von ihrem Dienst erzählen, dann aber von ihren Vorgesetzten reglementiert werden. Es wird ermittelt wegen eines vermeintlichen Dienstvergehens, es werden Bußgelder verhängt, während Kameraden über ihre sozialen Netzwerke als genehmigte Nebentätigkeit Fitnessprodukte bewerben. Das sorgt gelinde gesagt für Unverständnis. Es frustriert Kameradinnen und Kameraden, die übrigens außerdem erleben, dass sie unheimlich viel positives Feedback zu ihren Postings und Stories über den Dienst in der Bundeswehr bekommen.

Nehmen sie sich einmal die Zeit, folgen sie diesen nahen Vorbildern, über die die Marine so zahlreich verfügt. Wenn ich die Stories meiner liebsten Marinesoldaten sehe, dann kommt mir immer der wunderbare Satz von Gorch Fock in den Sinn: „Wieviel Freude schläft in uns – und wir wecken sie nicht!“

Wecken Sie als Vorgesetzte und militärische Führer nicht nur die Freude am Dienst in der Marine, sondern ermutigen sie Ihre Männer und Frauen dazu, diese Freude mit anderen zu teilen. Sorgen Sie dafür, dass die Freunde am Dienst in der Marine für alle Menschen in unserem Land sichtbarer wird. Unsere Soldatinnen und Soldaten sind keine fernen Helden, aber sie sind nahe Vorbilder. Und von denen kann unser Land gar nicht genug haben.

Foto: PiZ/Marine

Literatur

Jürgen Busche, Heldenprüfung: Das verweigerte Erbe des Ersten Weltkrieges, München 2004.

Frank Ganseuer/Erwin Wagner, Carl Rudolph Brommy – Admiral der Revolution?, Hamburg 2018.

Othmar Hackl/Manfred Messerschmidt, Handbuch zur deutschen Militärgeschichte 1648-1939, Bd. 8 Deutsche Marinegeschichte der Neuzeit, München 1977.

Christian Jentzsch, Vom Kadetten bis zum Admiral. Das britische und das deutsche Seeoffizierkorps 1871 bis 1914, Berlin 2018.

Rolf Johannesson, Offizier in kritischer Zeit, Bonn 1989.

Martin Luther, Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können, hrsg. im Auftrag des Evangelischen Militärbischofs von Angelika Dörfler-Dierken und Matthias Rogg, Delitzsch 2. unv. Aufl. 2015.

Hans Mendl, Modelle – Vorbilder – Leitfiguren. Lernen an außergewöhnlichen Biografien, Stuttgart 2015.

[1] http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Horst-Koehler/Reden/2005/10/20051010_Rede.html (besucht am 2.1.2020)

[2] https://www.zmsbw.de/html/einsatzunterstuetzung/downloads/1_zmsbwbevoelkerungsumfrage2019.pdf?PHPSESSID= (besucht am 2.1.2020)

[3] Hans Mendl, Modelle – Vorbilder – Leitfiguren. Lernen an außergewöhnlichen Biografien, Stuttgart 2015.

[4] https://www.bmvg.de/de/aktuelles/der-neue-traditionserlass-23232 (besucht am 4.1.2020)

[5] https://www.bundeswehr.de/de/organisation/marine/aktuelles/wir-sind-marine-way-ahead-fuer-2020-163422 (besucht am 3.1.2020)

[6] https://www.youtube.com/watch?v=b01ilkbJaAk (besucht am 2.1.2020)

[7] https://www.zeit.de/1995/49/Die_Wehrmacht_ist_kein_Vorbild (besucht am 4.1.2020)

[8] https://www.tagesspiegel.de/politik/erinnerung-der-deutschen-marine-wie-der-lebensretter-hans-langsdorff-in-vergessenheit-geriet/24869772.html (besucht am 3.1.2020)

[9] https://blog.petertauber.de/?p=3636 (besucht am 4.1.2020)

[10] Rolf Johannesson, Offizier in kritischer Zeit, Bonn 1989, S. 131.

[11] Nariman Hammouti-Reinke, Ich diene Deutschland, Reinbek bei Hamburg 2019.

[12] Jürgen Busche, Heldenprüfung: Das verweigerte Erbe des Ersten Weltkrieges, München 2004.

[13] Frank Ganseuer/Erwin Wagner, Carl Rudolph Brommy – Admiral der Revolution?, Hamburg 2018.

[14] https://www.welt.de/geschichte/article176944733/Schwarz-Rot-Gold-1849-So-entkam-die-deutsche-Reichsflotte-ihrer-ersten-Schlacht.html (besucht am 4.1.2020)

[15] https://www.deutschlandfunk.de/juergen-busche-auf-heldensuche.730.de.html?dram:article_id=102317 (besucht am 3.1.2020)

[16] https://www.zeit.de/1993/51/der-letzte-mann (besucht am 4.1.2020)

[17] https://www.bmvg.de/de/themen/verteidigung/innere-fuehrung/das-konzept (besucht am 4.1.2020)

[18] https://www.bild.de/bild-plus/news/inland/news-inland/admiral-graf-spee-war-kapitaen-langsdorff-ein-held-oder-nazi-66697718,view=conversionToLogin.bild.html (besucht am 3.1.2020)

[19] Martin Luther, Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können, hrsg. im Auftrag des Evangelischen Militärbischofs von Angelika Dörfler-Dierken und Matthias Rogg, Delitzsch 2. unv. Aufl. 2015.

[20] https://www.bundeswehr.de/de/social-media-guidelines-bundeswehr (besucht am 4.1.2020)

[21] https://www.youtube.com/watch?v=R7lCW8GPuTQ (besucht am 5.1.2020)

[22] https://www.army.mil/socialmedia/leaders/ (besucht am 4.1.2020)

[23] https://www.army.mod.uk/who-we-are/our-people/a-soldiers-values-and-standards/social-media-policy/ (besucht am 5.1.2020)

[24] https://www.gruenderszene.de/media/bundeswehr-soldaten-influencer?interstitial_click (besucht am 5.1.2020)

[25] https://www.baks.bund.de/sites/baks010/files/arbeitspapier_sicherheitspolitik_2017_16.pdf (besucht am 5.1.2020)

[26] https://augengeradeaus.net/2019/11/social-media-feuerwerk-der-bundeswehr-neue-guidelines-der-gi-twittert-und-ein-podcast/ (besucht am 5.1.2020)

2 Kommentare zu “Von fernen Helden zu nahen Vorbildern – Das Bild der Marine damals und heute

  1. Vieles, sogar das meiste von dem Sie schreiben, spricht mir aus der Seele. Besonders Ihre Passagen zur Inneren Führung gefallen mir sehr gut. Nur die fast schon peinlich reflexhafte Verteufelung angeblich „linker“ Haltungen zum Thema Helden und wie mir scheint auch eine von Konservativen oft progressiven Menschen unterstellte angebliche negative Grundhaltung zur Bundeswehr stößt mir auf. Auch Sozialdemokraten stehen zur Bundeswehr und unseren Soldaten. Gerade Sozialdemokraten sind Verfassungspatrioten und die Sozialdemokratie hat viele gute Verteidigungsminister gestellt. Ich denke es wäre besser, Sie würden die Bundeswehr aus Ihrem einfachen Links / Rechts Schema heraushalten. Ansonsten möchte ich Ihnen für Ihre tolle Arbeit für unsere Soldaten danken. Bitte denken Sie auch an die EinsatzVeteranen, die oft ein schweres Los haben, weil sie uns allen gedient haben. Beste Grüße aus Berlin, Ihr John A. Kantara, Professor für Journalismus, Dokumentarfilmer, OG d. R. und seit 29. Jahren SPD Mitglied

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