Die Münchner Sicherheitskonferenz und die Sauna im Ministerium
Ich bin das erste Mal auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Man findet wohl wenige Orte, wo so intensiv und offen über die Sicherheit, über Krieg und Frieden in der Welt und aktuelle Herausforderungen für die Weltordnung diskutiert wird. Hier meine Eindrücke für euch.
Zunächst einmal: Warum gibt es eine solche Konferenz? Diese kostet viel Geld, Zeit und der Platz um das Hotel muss abgesperrt werden. Manches Geschäft in München muss sogar schließen. Bringt das etwas? Ich finde ja. Das ist es wert. Warum? Weil wir in einer Welt leben, in der trotz des Internets mehr übereinander als miteinander gesprochen wird. Hier ist das anders. Europäer, Amerikaner, Russen, Chinesen: alle sind hier. Man kennt sich oder lernt sich kennen. Und man spricht miteinander.
Was als Wehrkundetagung begann, ist heute eine große internationale Konferenz. Alles, was Rang und Namen hat, ist da. Noch nie waren beispielsweise so viele US-amerikanische Kongressabgeordnete in München wie 2019. Neben Vizepräsident Mike Pence und Präsidententochter Ivanka Trump waren Nancy Pelosi und Joe Biden dabei. Zudem haben über 30 Staats- und Regierungschefs teilgenommen.
Das prägt die Atmosphäre im eigentlich viel zu kleinen Bayerischen Hof, dem Hotel und Tagungsort. Ein ständiges Kommen und Gehen, man begegnet zwischen den geplanten Gesprächen ständig bekannten Gesichtern und Kollegen, bleibt stehen, begrüßt sich, ruft sich etwas zu, verabredet sich für später. Und man wird angesprochen. Außerdem sieht man viele spannende Persönlichkeiten. War das nicht eben Madeleine Albright? Bei dieser großartigen Frau durfte ich am Freitag beim Abendessen am Tisch sitzen.
Die Welt ist kein friedlicher Ort!
Das Programm dient zur Diskussion und Standortbestimmung in sicherheitspolitischen Fragen. Nicht nur die Rede von Angela Merkel wurde mit Interesse erwartet. Auch der amerikanische Vizepräsident Mike Pence, der russische Außenminister Sergej Lawrow und das chinesische Politbüromitglied Yang Jiechi sprachen. Man merkt, vor welchen Herausforderungen die Welt steht.
Zum festen Programm gehört auch ein Mittagessen mit allen Verteidigungsministern, zu dem Ursula von der Leyen jedes Jahr einlädt. Ich habe die Gelegenheit genutzt und mich mit dem finnischen, dem portugiesischen und dem malischen Minister länger unterhalten. In Mali war ich ja letztes Jahr und mit unseren europäischen Partnern habe ich mich über den Einsatz unserer Soldaten bei den Vereinten Nationen unterhalten. Deutschland ist ja derzeit nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Dabei lernt man sich persönlich kennen. Und schätzen. Und man tauscht auch Anekdoten und Geschichten aus. So beginnen Freundschaften. Ob es im finnischen Verteidigungsministerium eine richtige finnische Sauna gibt, verrate ich euch das nächste Mal!
Daneben gibt es eine Vielzahl an Panels und Nebenveranstaltungen. Das Verteidigungsministerium hat sich beispielsweise mit einer Diskussionsrunde beteiligt, in der alle Konferenzteilnehmer, die jünger als 30 Jahre sind, ihre Vorstellungen zur Zukunft Europas vorstellen konnten. Ich konnte als Gast teilnehmen. Das war wirklich Mut machend und inspirierend.
Warum Lettland und Indonesien Partner für Deutschland sind
Neben spannenden Diskussionen habe ich auch einige offizielle bilaterale Gespräche geführt. Mit dabei war auch ein Gespräch mit der lettischen Botschafterin Inga Skujina. Sie hat noch einmal deutlich gemacht, wie Russland versucht, die Unabhängigkeit der baltischen Länder zu unterminieren und warum Lettland auf Deutschlands Unterstützung in der NATO zählt. Wir als Deutsche müssten die baltischen Völker verstehen. Auch unsere Freiheit in Westdeutschland haben unsere Verbündeten in der NATO bis zur deutschen Einheit verteidigt. Ohne die USA und die NATO hätte es keine Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit gegeben. Das verpflichtet uns heute.
Beeindruckend war das Gespräch mit dem indonesischen Botschafter Arif Havas Oegroseno. Das Land hat in der Region eine ähnliche Rolle wie Deutschland in Europa. Viele kleinere Nachbarn schauen auf das, was Indonesien tut und hoffen auf eine klare Haltung – auch gegenüber China, das sehr dominant auftritt. Ähnlich wie in Europa, wo Russland es darauf anlegt seinen Machtbereich auszuweiten. Was verbindet uns noch mit Indonesien? Beide Länder sind stabile Demokratien und setzten auf internationale Zusammenarbeit, auf Multilateralismus. Und beide Länder sind derzeit Mitglieder im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Wir wollen dort enger zusammenarbeiten und ich habe eine Einladung ausgesprochen: Es wäre toll, wenn Indonesien einen weiblichen Offizier auf einen Lehrgang an unserem VN-Ausbildungszentrum in Hammelburg sendet. Das Thema „Women and Peacekeeping“ ist für uns oben auf der Agenda. Und was übrigens die wenigsten wissen: Indonesien ist das größte islamische Land der Welt mit rund 260 Millionen Einwohnern. Das Land beweist uns, das Islam, Freiheit und Demokratie auch „miteinander“ gehen. Es ist gut für uns in Europa, sich das bewusst zu machen.
Wen habe ich sonst getroffen? Neben unserem Generalinspekteur Eberhard Zorn war natürlich sein Vorgänger General Volker Wieker da. Ich habe mich gefreut, ihn wiederzusehen. Auch Persönlichkeiten wie Navid Kermani waren da. Annegret Kramp-Karrenbauer auch. Alle namhaften deutschen Außen- und Verteidigungspolitiker waren da.
Werben für die deutsch-amerikanische Freundschaft in stürmischer Zeit
Am Sonntag habe ich im Rahmen der Konferenz bei der Loisach Group des George C. Marshall European Center for Strategic Studies, das in Garmisch-Partenkirchen beheimatet ist, gesprochen. Mir ging es darum, die Notwendigkeit und die Perspektiven des deutsch-amerikanischen Verhältnisses und der transatlantischen Partnerschaft für das 21. Jahrhundert unabhängig von Tweets eines Präsidenten zu betonen. Für mich ist klar: Die USA und wir teilen dieselben Werte, wir verdanken den Amerikanern Frieden, Freiheit und Einheit. Wir tun gut daran, diese Partnerschaft zu stärken und für die Zukunft weiterzudenken. Ich habe dort dafür geworben, angesichts aktueller Meinungsverschiedenheiten nicht zu vergessen, welche Bedeutung die deutsch-amerikanische Freundschaft für beide Nationen in den letzten Jahrzehnten hatte und wie segensreich sie war und nach wie vor ist. Gerade wir Deutschen sollten nicht vergessen, dass es ohne die USA keine Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit gegeben hätte. Darum sollten wir uns bei Diskussionen nicht von Tweets aus dem Weißen Haus, sondern vom Motto des diesjährigen Deutschlandjahrs in den USA leiten lassen: „Wunderbar together“.
Stolz auf unsere Kanzlerin
Was fand ich besonders gut? Zweifellos die Rede der Kanzlerin. Angela Merkel hat es geschafft, alle aktuellen Streitfragen von der Kündigung des INF-Vertrags, über die Androhung von amerikanischen Strafzöllen, den Sanktionen gegen Russland wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und des Krieges im Osten der Ukraine bis zur Einflussnahme Chinas in Afrika und die Rolle des Iran anzusprechen. Alle waren im Raum. Sie hat mit den Betroffenen geredet und nicht über sie. Und sie hat Klartext gesprochen ohne jemanden vorzuführen. Nur so kann man weiter miteinander reden und um Lösungen ringen. Und sie hat ein leidenschaftliches Plädoyer für die weltweite Zusammenarbeit, für das Suchen nach gemeinsamen Lösungen gehalten. Der Klimawandel, der Hunger nach Energie, das Bevölkerungswachstum, die Digitalisierung sind die Probleme unserer Zeit. Merkel gab die Antwort, wer diese Probleme lösen kann: „Nur wir alle zusammen.“