Der Wahlkampf – alles andere als langweilig.
Mit etwas Abstand und angesichts der aktuellen Sondierungsgespräche ist es aus meiner Sicht Zeit, einmal auf den Wahlkampf zurückzuschauen und sich ein paar Fragen zu stellen. Ich habe dabei acht Punkte aufgeschrieben, die mich vor und im Wahlkampf beschäftigt haben und möchte dazu meine Meinung sagen.
01. Der Wahlkampf war nicht langweilig. Viele Journalisten haben gejammert, es sei der langweiligste Wahlkampf aller Zeiten gewesen. Das Gegenteil ist aus meiner Sicht der Fall und ich habe als Parteimitglied der CDU seit 1994 jeden Bundestagswahlkampf aktiv miterlebt. Die großen Themen Energiewende und Staatsschuldenkrise in Europa waren aber vielleicht – ohne den geschätzten Journalisten zu nahe treten zu wollen – zu kompliziert für eine Aufbereitung in den Medien. Darum hat man ja auch den Veggie-Day und den Stinkefinger von Steinbrück (sicher nicht zum Nachteil der Union) dankbar aufgegriffen. Die Wahrheit ist: Das hatte mit dem Wahlkampf und den anstehenden Entscheidungen ja nur indirekt zu tun.
02. SPD und Grüne haben Themen gesetzt die „niemand“ interessiert. Sie haben ein Bild von diesem Land gezeichnet, dass mit der Wirklichkeit einfach wenig zu tun hat. Damit will ich nicht sagen, dass wir nicht Handlungsbedarf in vielen Bereichen haben, aber so zu tun, als ob Arbeitnehmer in Deutschland per se geknechtet und ausgebeutet werden, ist genauso falsch wie zu glauben, dass eine Frauenquote in Aufsichtsräten der DAX-Konzerne die Herzen der Menschen berührt. Sie haben damit auf die Themen gesetzt, die zwar auch die Medien interessant fanden. Offensichtlich haben die Wählerinnen und Wähler andere Themen wichtig gefunden.
03. Das gilt auch für das aus meiner Sicht immer noch wichtige Thema „Wer speichert was in der digitalen Welt“, dass durch die „Enthüllungen“ von Edward Snowden eine breitere Öffentlichkeit erreicht hat. Es taugt zwar nicht als Wahlkampfthema und sollte aber auf der politischen Agenda bleiben. Davon bin ich überzeugt. Aber es ist eben kein Thema, dass das Wahlvolk parteipolitisch mobilisiert hat. Darauf haben SPD und Grüne gesetzt und manch ein Journalist wollte einen Stimmungsumschwung herbeischreiben. Funktioniert hat das nicht.
04. Die gestiegene Wahlbeteiligung ist ebenfalls ein Beleg dafür, dass die Wählerinnen und Wähler den Wahlkampf nicht als langweilig empfunden haben, sondern wussten, dass es um wichtige Entscheidungen geht. Die Union hat in ihrem Wahlkampf sachlich für sich und die Kanzlerin geworben und es unterlassen, den politischen Gegner unter der Gürtellinie zu attackieren. Das kann man langweilig nennen, wurde aber belohnt. Dabei konnte die CDU insgesamt 1,25 Millionen Nichtwählerinnen und Nichtwähler für sich gewinnen.
04. Der Wahlkampf im Netz hat funktioniert und war ebenfalls nicht langweilig. Vor allem auf Twitter und Facebook aber auch auf Blogs gab es eine breite Möglichkeit zur Diskussion untereinander, aber auch mit Abgeordneten und Kandidaten. Die Wahrnehmung des TV-Duells wäre ohne soziale Netzwerke nur halb so spannend gewesen. Verkürzungen, Augenzwinkern und ein bisschen Polemik gehören zum Wahlkampf im Netz unbedingt dazu. Ich habe mich dabei gefreut, dass der von mir kreierte Hashtag #muttimachts uns durch die heiße Phase des Wahlkampfes begleitet hat.
05. Facebook war eine tolle Ergänzung zu den Hausbesuchen. Ich habe meine Bilanz, meine Ziele und meine Person nicht nur auf einer Internetseite, sondern auch auf Facebook vorgestellt. In den letzten Monaten vor der Wahl konnte ich auf meiner Fanseite fast 1.000 zusätzliche Likes schwerpunktmäßig aus dem Wahlkreis generieren. Ich bin der Meinung, dass sich diese Diskussionen gelohnt haben. Vielfach wurde ich bei Veranstaltungen und im Straßenwahlkampf auf meine Aktivitäten im Netz angesprochen. Und bei Hausbesuchen bekam ich immer mal zu hören: „Ich kenne Sie schon von Facebook.“
06. Die CDU sollte sich nicht nur um die ältere Generation bemühen. Es ist eine alte Weisheit vieler Strategen in den Kommandozentralen, dass die ältere Generation nicht nur zahlreicher ist, sondern tendenziell eher CDU wählt als andere Bevölkerungsgruppen. Ich glaube, dass wir dennoch stärker um junge Wählerinnen und Wähler werben sollten. Die CDU hat erstmals die so genannte Juniorwahl bundesweit mit 26,2 Prozent gewonnen. Ich selbst habe durch den intensiven Kontakt zu den Schulen im Wahlkreis und durch Facebook versucht, viele Jung- und Erstwähler zu erreichen. Bei der Juniorwahl U18 konnte ich so in meinem Wahlkreis mit 49,9 Prozent der Stimmen das beste Erststimmenergebnis in Hessen erzielen und lag dabei bei den Jugendlichen sogar über meinem realen Erststimmenergebnis von 48,8 Prozent. Das Werben um Vertrauen bei jungen Menschen lohnt sich also auch für die CDU.
07. Ich persönlich würde eine schwarz-grüne Zusammenarbeit spannend finden. Gleichwohl glaube ich auch, dass die Schnittmengen mit den Sozialdemokraten ähnlich groß sind. Egal, wer am Ende Koalitionspartner der Union wird – von beiden Seiten wird ein erhebliches Maß an Kompromissbereitschaft verlangt werden. Und die Parteien werden ihren jeweiligen Anhängern genau erklären müssen, warum diese Kompromisse notwendig waren bzw. sind. Ehrlich gesagt ist die Idee einer schwarz-grünen Koalition nicht ohne Eigennutz. In einer großen Koalition wird der Einfluss einzelner Abgeordneter deutlich geringer sein, als bei knappen Mehrheiten im Parlament. Aber am Ende sollte entscheidend sein, mit welcher Partei die Union 2013 die größeren Schnittmengen bilden kann.
08. Angel Merkel hat im Wahlkampf den für mich auch in der aktuellen Situation entscheidenden Satz geprägt: „Erst das Land, dann die Partei.“ Daran sollten jetzt auch Grüne und Sozialdemokraten denken. Sie haben eine staatspolitische Verantwortung.
09 Der Wahlkampf hätte sich auch ohne Wahl gelohnt – alleine wegen des Wimmelbildes. Das war der schönste Beitrag zu einem Wahlkampf überhabupt bisher ever. 🙂