Wir feiern die deutsch-französische Freundschaft

Das Jubiläum der deutsch-französischen Freundschaft ist ein Grund zum Feiern. Am Dienstag kamen der Deutsche Bundestag und die französische Nationalversammlung zu einer gemeinsamen Sitzung im Reichstag zusammen. Anlass war der 50. Jahrestag des Elysée-Vertrags und der Beginn der deutsch-französischen Freundschaft vor 50 Jahren. Was für ein Ereignis! Manch einer mag sagen, was fliegen die Politiker da wieder durch die Welt für eine gemeinsame Parlamentssitzung, bei der sowohl französisch als auch deutsch gesprochen wird und am Ende nicht einmal ein ordentliches Gesetzespaket beschlossen wird? Das ist doch nun wirklich Verschwendung von Steuergeldern! IMG_0363_s Wie kurzsichtig und  – Verzeihung – einfältig eine solche Sichtweise aus meiner Sicht doch ist.

Vor 100 Jahren wäre eine solche Veranstaltung undenkbar gewesen. 1913 lag Krieg in der Luft und als ein Jahr später der Erste Weltkrieg begann, da empfanden das viele Franzosen und Deutsche als ein „reinigendes Gewitter“. Von deutsch-französischer Freundschaft war da nicht die Rede. Frankreich war der Erbfeind – und wir für die Franzosen umgekehrt genauso. Es ist ein Geschenk für die Völker Europas und gerade für uns Deutsche, dass wir es geschafft haben, diese Feindschaft zu überwinden. Zu verdanken haben wir das Männern wie Konrad Adenauer und Charles de Gaulle, aber auch Helmut Kohl und François Mitterand. Und wir müssen uns bedanken bei den vielen Bürgerinnen und Bürgern – auch hier bei uns im Main-Kinzig-Kreis –, die sich in Partnerschaftsvereinen für die vielen Städtepartnerschaften, die es zwischen Kommunen hier und in Frankreich gibt, engagieren. Danke!

Ich bin der Meinung, dass es unserer Demokratie eher an Gelegenheiten mangelt, wo wir uns den Wert dieser Staatsform vor Augen führen. Wir Deutschen brauchen dafür – auch aufgrund unserer Geschichte – keine Militärparaden wie die Franzosen am 14. Juli. Aber einen solchen Jahrestag zu nutzen, um sich der Besonderheit dieser historischen Entwicklung bewusst zu werden, ist wahrlich nicht verkehrt. Allzuleicht nehmen wir das Gegebene nämlich als selbstverständlich hin. Mit Blick auf die letzten Jahrhunderte europäischer Geschichte ist es aber gerade das nicht. Es ist die Ausnahme und nicht die Regel, dass die Völker Europas in Frieden miteinander leben und wir haben keine Garantie, dass das auf ewig so bleibt.

Der große deutsche Politiker Walther Rathenau, einer der führenden demokratischen Politiker der Weimarer Republik, hat bereits ein Jahr vor dem Ersten Weltkrieg festgestellt: „Es bleibt eine letzte Möglichkeit: die Entstehung eines mitteleuropäischen Zollvereins. Die Aufgabe den Ländern unserer europäischen Zone die wirtschaftliche Freizügigkeit zu schaffen ist schwer, unlösbar ist sie nicht.“ Seine Idee, für die er damals nicht nur belächelt, sondern auch angefeindet wurde, ist heute Wirklichkeit – ja sogar mehr noch. Europa und die Europäische Union ist mehr als nur ein Wirtschaftsraum. Sie ist eine Wertegemeinschaft, auch wenn wir uns dessen nicht immer bewusst sind. Ausdruck fand dies aber eindrucksvoll in der Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäische Union. Die Preisverleihung sollte uns daran erinnern, welchen wahren Wert Europa inzwischen für uns als Deutsche hat.

Für die Zukunft wird es darauf ankommen, ob Deutsche und Franzosen auch künftig trotz des einen oder anderen Streits einen gemeinsamen Weg für Europa finden. Die beiden größten Nationen müssen vorangehen, wenn Europa eine Zukunft haben soll. IMG_0684_sWir sollten uns dabei bewusst sein, dass in einer Welt die sich so dramatisch verändert wie unsere, in der andere mit uns in einem harten Wettbewerb stehen, wir als Deutsche ohne dieses Europa – auch mit Blick auf unsere Geburtenzahlen – kaum werden bestehen können. Wir brauchen Europa und Europa braucht uns. Die Zukunft ist offen. Doch wir können angesichts von 50 Jahren deutsch-französischer Freundschaft mutig und zuversichtlich sein, dass wir gemeinsam die richtigen Entscheidungen treffen, damit es eine gute Zukunft für unsere Völker sein wird.

(Fotos: Tobias Koch)

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