Immer rüderer Ton im Internet: Sollen Facebook & Co. Pöbeleien und Hasskommentare herausfiltern?

Der Ton wird rauer: Was wir in den vergangenen Monaten, gerade im Zuge der Flüchtlingsdebatte, in den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter an menschenverachtender, rassistischer Hetze erleben, sprengt alles bisher Dagewesene. Unter dem Deckmäntelchen der Meinungsfreiheit werden – oft anonym, in zunehmendem Maße aber auch ganz frank und frei unter Verwendung des eigenen Namens – fremdenfeindliche Parolen und Aufrufe zur Gewalt ins Netz gestellt. Diesen Menschen müssen wir die Stirn bieten und ihnen klar und deutlich sagen, was sie sind: Hetzer, Rassisten, Nazis und eben keine Demokraten. Wenn es sein muss auch mit deutlichen Worten – denn eine andere Sprache verstehen sie offenbar nicht.

Von der Idee, gewaltverherrlichende oder extremistische Inhalte möglichst bereits vor Veröffentlichung aus dem Internet herauszufiltern, halte ich wenig. Aus meiner Sicht löst dieser Ansatz das Grundproblem nicht. Die Menschen denken ja leider trotzdem diesen Mist und verlieren sich in ihren selbsterdachten Verschwörungstheorien. Wir bekämpfen damit also nur ein Symptom, nicht aber die Ursache des Problems. Strafrechtlich relevante Aussagen müssen dabei konsequent zur Anzeige gebracht werden: Wer den Holocaust leugnet oder Volksverhetzung betreibt, der sollte kein „gefällt mir“ auf Facebook bekommen, sondern Post vom Staatsanwalt.

Jeder Demokrat sollte daher die Diskussion annehmen – zumindest mit denjenigen, die erkennbar noch an einer inhaltlichen Auseinandersetzung interessiert sind. Diese Leute sollen wissen, dass es uns gibt und dass nicht automatisch derjenige die Mehrheit hinter sich hat oder gar im Recht ist, der am lautesten schreit.

Zugegeben: Es ist nicht immer leicht, gerade in bewegten Zeiten wie diesen, in denen unser Land mit der Lösung der größten Herausforderung seit der deutschen Wiedervereinigung beschäftigt ist, die Contenance zu behalten. Manchmal platzt einem schlicht die Hutschnur, da nehme ich mich selbst nicht aus.

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So habe ich vor kurzem einen Twitter-User mit dem viel sagenden Namen „USRAELSklave“ als „Drecksnazi“ tituliert. Dieser hatte zuvor meine Kondolenzbekundung für die Opfer des Zugunglücks von Bad Aibling zum Anlass genommen, der Bundesregierung zu unterstellen, dass sie die deutschen Opfer des Terroranschlags von Istanbul nicht in gleichem Maße gewürdigt habe. Erstens ist diese Unterstellung sachlich falsch, zweitens hat mir ein kurzer Blick auf das Twitter-Profil des Pöblers gezeigt, welch Geistes Kind er ist. Sein Profilbild zeigt den Schriftzug „Refugees NOT welcome“ (dt. „Flüchtlinge NICHT willkommen“), als Wohnort gibt er „Deutsches Reich 1871-1918″ an, sein Nutzername ist ein Wortspiel aus USA, Israel und Sklave. In seinen Tweets hetzt er gegen Israel, Medien (u.a. bezeichnet er die BILD-Zeitung als „Zionistenblatt“) und „Politikverbrecher“ (SPD-Chef Sigmar Gabriel ist für ihn „Die größte Niete in unserer Firma BRD“ und „Ein Stück Scheiße“), dazu nutzt er immer wieder Nazi-Jargon („Gekaufte Judenkanzler“). Ganz ehrlich: Ich bin es leid, solchen Menschen das Feld zu überlassen und sei es auch „nur“ im virtuellen Raum. Solche verbalen Entgleisungen dürfen wir als Demokraten nicht unwidersprochen lassen. Und auch wenn das Wort „Drecksnazi“ sonst nicht zu meinem täglichen Vokabular zählt und ich sonst nicht permanent mit solchen harten Worten um mich werfe, ab und an muss es mal raus.

Ein guter Freund von mir zitiert in solchen Fällen übrigens immer den so genannten Entenvergleich. Dieser besagt: „Wenn es aussieht wie eine Ente, läuft wie eine Ente, quakt wie eine Ente, dann ist es auch eine Ente.“ In diesem Sinne bleibe ich bei meiner Meinung. Man muss einen Nazi dann auch einen Nazi nennen.

Es liegt an jedem einzelnem von uns, dem Hass im Netz etwas entgegenzusetzen. Das ist nicht immer angenehm und erfordert, dass man auch selbst bereit ist, sich in den Sturm zu stellen. Doch schon Platon hat gesagt: „Wenn die Guten nicht kämpfen, werden die Schlechten siegen.“ Diesem Grundsatz sollten wir uns alle gemeinsam verpflichtet fühlen.

4 Kommentare zu “Immer rüderer Ton im Internet: Sollen Facebook & Co. Pöbeleien und Hasskommentare herausfiltern?

  1. Wen meint denn DER ALLERLETZTE? Nun ja, jeder hat seine Kinderstuben-Schublade, aus der leider zu häufig kein Entkommen ist. Dieses anonyme Niveau sollte hier nicht üblich werden. Der Ton in den sozialen Netzen ist ja erst möglich geworden, nachdem im TV dieses Niveau Einzug gehalten hat. Denn wie häufig übel und üblich: Die fortwährende Wiederholung einer Lüge macht sie zur öffentlichen „Wahrheit“. Wer die Gossenspra-che alltäglich macht, darf sich nicht wundern, wenn die Strasse glaubt, und „DER“ hier so schreibt, dass man damit gesellschaftsfähig ist. Unter dem Mantel der Kunst wird jede Zote als höchster Anspruch vertreten. Man muß nicht unbedigt die Angelsachsen nachmachen, nur weil dort sogar der Prinz den Tampon heiligt. Für den der das noch weis. Die Lügenpresse wird angeprangert. Aber der Fäkaljournalismus, wie er uns täg-lich im TV im wahrsten Sinne des Wortes „untergejubelt“ wird, verändert ebenso die guten Sitten. Von denen ist Anonymus vollständig verlassen. Und wer ist Schuld daran? Wer hat dieses öffentliche Niveau zugelassen? Leider, leider sind es auch die Parteien, die Kirchen und alle sonstigen Institutionen, die zur Aufsicht der TV-Sender und der sonstigen Medien verpflichtet wurden. VERPFLICHTET!

  2. Du Schwuli. Manchmal wünschte ich jemand würde sich gegen dich wenden und ich dürfte darüber mit Genugtuung in der Zeitung lesen. Falls es jemals eine Zeit geben wird, in der die BRD abgewickelt wird, wird man Dich sicher öffentlich hinrichten. Ich schaue dann in der Masse zu und GENIEßE ES !!!

  3. Das (eine Zensur) kann man versuchen, handelt sich aber dann den Vorwurf der Manipulation ein. Es gibt nur eine Möglichkeit der Abstellung: Nur noch Klarnamen mit intern nachgewiesener Anschrift. Dann ist das Netz ruckzuck gesäubert. Allerdings um den Preis der Überwachungskosten und einer rapiden Abnahme der Beiträge. Die einst so liebevoll gedachten Möglichkeiten des Netzes sind den rabiaten Eigenschaften der menschlichen Schwächen zum Opfer gefallen. Das hat auch der SPIEGEL in seiner jüngsten Ausgabe festellen müssen. Nach wie vor gilt: „Haben Sie schon einmal mit einem Eimer Wasser diskutiert? Versuchen sie das doch mal. Sie werden nichts Neues erfahren, gewinnen aber an Erfahrung“. Ist das nur arrogant oder doch nur bürgernah?

  4. Chapeau, Herr Tauber. Ein Generalsekretär, der gegen die Richtigen austeilt. Herr Scheuer sollte mal ein Praktikum bei Ihnen machen.

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