Unterzeichnung des Koalitionsvertrages in Berlin zwischen CDU/CSU und SPD.

So viel CDU steckt im Koalitionsvertrag

Wenn ich in den CDU-Kreisverbänden unterwegs bin, eine JU-Veranstaltung besuche oder mit Journalisten spreche, dann höre ich öfters, die CDU hätte sich bei den Koalitionsverhandlungen zu wenig durchgesetzt. Ich glaube nicht, dass das wirklich so ist. Aber viele Leute denken das – auch in unseren eigenen Reihen. Das zeigt deutlich, dass wir unsere Arbeit in Berlin noch mehr, noch besser erklären müssen. Gerade auch als Generalsekretär sehe ich mich hier in der Pflicht.

Ich rate, nicht nur die großen Überschriften der Zeitungskommentare zu lesen, sondern wirklich auch mal ins Kleingedruckte des Koalitionsvertrages zu schauen. Denn dann merkt man schnell: Wir haben sehr viele unserer zentralen Forderungen aus dem Wahlkampf durchgesetzt, und damit das Vertrauen gerechtfertigt, das uns so viele Menschen am 22. September 2013 geschenkt haben.

Ein paar Beispiele: Keine Steuererhöhungen, keine neuen Steuern, keine zusätzlichen Schulden, keine Eurobonds oder Vergemeinschaftung von Schulden, die Fortsetzung des bisherigen Kurses in der Europa- und Euro-Politik, Verbesserungen bei der Mütterrente, fünf Milliarden Euro mehr für die Verkehrsinfrastruktur, noch einmal mehr Geld für Bildung und Forschung, Breitbandausbau, ein Gedenktag für Vertriebene, Christenverfolgung als Thema, die Beibehaltung des Betreuungsgeldes – das ist alles CDU pur.

Derzeit wird viel über Energie- und Rentenpolitik diskutiert, weil es dazu Vorschläge aus zwei SPD-geführten Ministerien gibt. Allerdings: Nur weil Frau Nahles nun die Mütterrente umsetzt, ist das noch lange kein SPD-Projekt – sondern eindeutig CDU-Politik. Und Herr Gabriel musste bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) erst zum Jagen getragen werden. Mit seinen Vorschlägen ist er auf unseren Kurs eingeschwenkt.  Bis zu den Koalitionsverhandlungen haben noch viele SPD-Kollegen so getan, als gebe es beim EEG gar keinen Handlungsbedarf – im Gegenteil: Manch ein Sozialdemokrat wollte die Förderung noch ausbauen, was zu höheren Strompreisen geführt hätte. Das, was nun diskutiert wird, liegt genau auf der Linie, die wir seit vielen Monaten schon fordern. Dazu gehören auch Ausnahmen für die energieintensive Industrie, um den Wirtschaftsstandort zu schützen.

Unterzeichnung des Koalitionsvertrages in Berlin zwischen CDU/CSU und SPD.
Unterzeichnung des Koalitionsvertrages in Berlin zwischen CDU/CSU und SPD. (Foto: Tobias Koch)

Dass die Große Koalition den von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble maßgeblich geprägten Kurs in der Haushalts-, Euro- und Europapolitik konsequent und kontinuierlich fortsetzt, wird allzu leichtfertig als selbstverständlich angesehen. Das war es aber mitnichten! Hier gab es harte Verhandlungen mit der SPD, in denen wir uns letztlich vollständig durchgesetzt haben – keine Eurobonds, keine Vergemeinschaftung der Schulden.

Wenn man seinen Gesprächspartner dann konkret nach Punkten fragt, bei denen sich die SPD durchgesetzt hat, kommen vor allem zwei Antworten: Mindestlohn und Rente mit 63. Beides sind zugegebenermaßen keine Herzensanliegen der CDU gewesen. Aber bei beidem haben wir wichtige Leitplanken im Sinne von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit eingezogen.

Zum Mindestlohn: Was wir vereinbart haben, ist natürlich nicht das CDU-Konzept. Es ist aber eben auch nicht das SPD-Konzept. Es wird zunächst einen Mindestlohn von 8,50 Euro geben, diese Zahl legt in der Tat die Politik fest. Aber: Wir haben einen beschäftigungsfreundlichen Übergang bis Ende 2016 durchgesetzt. Wir haben durchgesetzt, dass es Ausnahmen geben wird – Erntehelfer und Minijobs werden im Koalitionsvertrag genannt, über andere wie Studentenpraktikanten werden wir im Gesetzgebungsverfahren sprechen. Und was auch wichtig ist: Künftig wird nicht die Politik über die Höhe des Mindestlohns entscheiden – sondern die Vertreter von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam. Nicht nur weil die das am besten können, sondern weil das deren Aufgabe ist. Wir haben dafür gesorgt, dass das Thema mit wirtschaftlicher Vernunft angegangen wird. Im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft.

Zur Rente mit 63: Das war in der Tat kein einfacher Kompromiss, aber Kompromisse gehören zu jeder Koalition. Wir haben aber klar erreicht, dass es keine Abkehr von der Rente mit 67 geben wird. Auch die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren wird stufenweise auf 65 Jahre anwachsen. Und wir werden in der Gesetzgebung sehr genau darauf achten, dass es keine neue massenhafte Frühverrentung geben wird.

Zusammengefasst: Ich finde, dass es sich sehen lassen kann, was wir im Koalitionsvertrag erreicht haben. Auch personell: Wir wollten, dass Wolfgang Schäuble Bundesfinanzminister bleibt. Dass wir das bei der SPD durchbekommen haben, war auch nicht ganz einfach.

Woran liegt es aber, dass die öffentliche Wahrnehmung des Koalitionsvertrags so sehr von den Tatsachen abweicht? Da spielt sicher der SPD-Mitgliederentscheid eine große Rolle. Ich selbst habe in der Unterarbeitsgruppe „Digitale Agenda“ mitverhandelt. Nach der Einigung konnten wir aber nicht als die großen Sieger vom Platz gehen – weil immer die Gefahr bestand, dass die SPD-Mitglieder den Koalitionsvertrag dann ablehnen. Wir mussten also etwas tiefer stapeln, als es angesichts des für uns starken Ergebnisses angebracht gewesen wäre. Umso wichtiger ist es also, dass wir nun immer wieder deutlich machen, wieviel CDU pur im Koalitionsvertrag und im konkreten Regierungshandeln steckt. Und dazu sind alle Mitglieder eingeladen!

Der unterzeichnete Koalitionsvertrag. (Foto: Tobias Koch)
Der unterzeichnete Koalitionsvertrag. (Foto: Tobias Koch)

2 Kommentare zu “So viel CDU steckt im Koalitionsvertrag

  1. Herr Dr. Peter Tauber,

    die Große Koalition steht auf tönernden Füßen.

    Es ist ja nicht nur Stegner der permanent gegen die CDU/CSU impertinent unflätig motzt und meckert. Gleichzeitig schielt er zu den Linken und Grünen und biedert sich dort an für die kommende Wahl, die er hofft mit gemeinsamer Mehrheit zu gewinnen.

    Geist einer positiven Zusammenarbeit ist nicht erst seit Oppermanns inakzeptablem Wortbruch nicht mehr gegeben.

    Und ohne eine positive Grundstimmung ist jede schriftliche Vertrags – Vereinbarung nur Papier, das ist in der Wirtschaft so, im Privaten.

    Und da das nun mal unabänderlich ist muss CDU / CSU mehr Flagge zeigen, öffentlich, deutlich.

    Ihre Argumentation bzgl. größeren Anteil CDU/CSU
    Themen im Koalitionsvertrag stimmt, keine neuen Schulden, Abbau etc.

    Leider nicht aufgenommen wegen Widerstand durch Oppermann & Co. :

    Wir kommen immer wieder zurück auf Stopp der “ kalten Progression “ befinden uns in Überein-stimmung mit Volker Kauder.

    Völlig egal ob es im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, die aktuellen publizierten Zahlen – u.a. von Ihnen stolz verkündet – bzw. Steuereinnahmen geben es her.

    Lesen Sie den letzten Artikel in “ Die Welt “ .

    Wer hat den Überschuss ermöglicht ? Die hart arbeitenden Bürger/innen, Leistungsträger, die den Karren ziehen mit ihrem täglichen Engagement , die Ihnen die politischen Erfolge erst möglich machen.

    Und Sie haben sich Diätenzahlungen kräftig erhöht und es ist nur gerecht, wenn Sie denen die das bezahlen müssen, ihren gerechten Anteil daran geben.

    Das sind keine Geschenke, es kann nicht sein daß Arbeitnehmer die mehr leisten dafür vom Fiskus noch bestraft werden, das ist völlig ungerecht.

    Ich bin überzeugt, daß Sie das gleich sehen, und Sie wollen auch in 2018 wiedergewählt werden, nicht vergessen, die Bürger vergessen das auch nicht und kurz vor der Wahl sind es dann nur “ Wahlgeschenke “ die SPD / Grüne / Linke kleinreden.

    Ihr Bernd L. Müller mit schönem Wochenende.

  2. Also im Ergebnis: viel Verteidigung des Status Quo, ein bewusstes Festhalten an der Kompliziertheit des Steuersystems. In der Menschenrechtspolitik werden sogenannte Christen jetzt offenbar zu Verfolgten erster Klasse umdefiniert.
    Der Stillstand bei der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften wird damit schöngelogen, dass man Entscheidungen aus Karlsruhe doch tatsächlich umsetzt.

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