Twitter und ein Interview
Interview mit Peter Tauber zum Thema „Wie verändert Twitter die politische Debatte?“ aus der GNZ mit Patrick Berger (auf Twitter unter dem Namen @berger_pj zu finden).
„Twitter schaut dem Volk aufs Maul“
CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber über sportlichen Ehrgeiz, ein freches Medium und Angela Merkel
Berlin, 3. Januar 2014. Mehr als 100 Staats- und Regierungschefs sind beim Kurznachrichten-Dienst Twitter angemeldet. Politiker erhoffen sich auf dem „Echtzeit-Medium“ vor allem eines: eine hohe Authentizität und Nähe zu den Wählern. Dr. Peter Tauber, der seit dem 16. Dezember Generalsekretär der CDU ist, ist selbst aktiver Twitterer. Der promovierte Historiker hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere im Bereich der Netzpolitik profiliert und soll die christdemokratische Partei jünger und moderner machen. Im Koalitionsvertrag hat er in den Arbeitsgruppen „Kultur und Medien“ sowie „Digitale Agenda“ Akzente gesetzt. Patrick Berger führte – natürlich über Twitter – ein spontanes Interview mit dem 39-Jährigen über sportlichen Ehrgeiz, ein freches Medium und Angela Merkel.
Herr Tauber, Sie sind vor kurzem zwölf Kilometer mit Nike+ mit einem Schnitt von 5:45 Minuten pro Kilometer gelaufen. Zufrieden?
Tauber: Ist unter meinen Möglichkeiten, aber nach dem vielen Essen rund um Weihnachten nicht so schlecht, oder?
Das stimmt. Es gibt aber immer Potenzial nach oben. Jetzt mal im Ernst. Wieso lassen sie Ihre 10.000 Follower von Ihren Joggingkünsten wissen?
Tauber: Weil ich das eine tolle App finde und meine Gewohnheiten nicht ändere, nur weil ich Generalsekretär geworden bin. (lacht) Sportlicher Ehrgeiz! 🙂
Sie zwitschern leidenschaftlich gerne. Was genau fasziniert Sie an diesem Medium?
Tauber: Es ist schnell, spontan, ungeschminkt und bisweilen frech.
Und dabei schreiben Sie Ihre Tweets alle selbst?
Tauber: Ja.
Einige Politiker benutzen Twitter als reinen PR-Kanal. Sie haben Agenturen, die extra dafür arbeiten. Was halten Sie davon?
Tauber: Kann man machen. Da entgeht einem eine Menge Spaß, Feedback und es verfehlt seinen Sinn und Zweck finde ich.
Und dieser wäre…
Tauber: …direkte Kommunikation, Stimmungen und Meinungen aufnehmen, dem Volk aufs Maul schauen, wie Luther sagen würde.
Durch Twitter kann die Weltöffentlichkeit aber auch den Politikern „aufs Maul schauen“. Sind Sie schon in Fettnäpfchen getreten?
Tauber: Klar. Gibt öfters mal Tweets, wo ich mir nachher denke: Den hättest Du Dir sparen können.
Sie haben im April ’13 einen Social-Media-Leitfaden für die Kollegen erstellt. Wird die GroKo dank Ihnen fitter für Twitter und Co. gemacht?
Tauber: Na zumindest die CDU wird sich darum kümmern. Gerade auch netzpolitisch finde ich den Koalitionsvertrag gelungen.
Werden in drei, vier Wahlperioden also alle Bundestagsabgeordnete digitale „Freaks“ sein?
Tauber: In drei Wahlperioden werden wir alle hoffentlich im Neuland zu Hause sein – auch die Abgeordneten.
Man hat sich durch die Digitalisierung mehr Demokratisierung und politische Partizipation der jüngeren Wähler erhofft. Ist das eingetroffen?
Tauber: Teils teils. Wer sich interessiert kann partizipieren, aber ob die Zahl der Politikinteressierten gestiegen ist, vermag ich nicht zu sagen.
Was sagen Sie zum Umgangston im Netz?
Tauber: Am Umgang miteinander müssen wir noch ein bisschen arbeiten. Rücksichtnahme und Toleranz sind noch ausbaufähig beim Diskurs im Netz.
Kann man das Netz also mit der realen Welt vergleichen?
Tauber: Es gibt im Netz nichts, was es nicht auch in der analogen Welt gibt. Aber es ist nicht alles identisch.
Nur 39.000 Nutzer twitterten zur Bundestagswahl – das ist nicht viel. Braucht die Politik also eine Weile, um sich auf Twitter zu entfalten?
Tauber: Gute Frage. Politik wird nur mehr Aufmerksamkeit finden, wenn sie abseits der Sprechblasen agiert.
Das Netz und die digitale Kommunikation haben die politische Debatten-Kultur in Deutschland verändert – würden Sie dieser These zustimmen?
Tauber: Zumindest ist die Kommunikation schneller und Journalisten sind nicht mehr Gatekeeper im klassischen Sinne.
Diskurse werden auf Twitter noch offensiver und transparenter geführt. Das birgt Gefahren. Was, wenn sich ein Politiker mal „verzwitschert“?
Tauber: Das ist doch gut! Ich finde, dann ist Politik authentischer.
Die Kanzlerin interessierte sich früh für Ihre Ratschläge. Werden Sie Frau Merkel dazu bringen, sich auch bei Twitter anzumelden?
Tauber: (zwinkert) Man darf gespannt sein! 😉
Also ja?!
Tauber: Die Zukunft ist wie immer offen.
Dieser Satz pringt die weitgehende Überflüssigkeit von Twitter auf den Punkt:
Tauber: „Klar. Gibt öfters mal Tweets, wo ich mir nachher denke: Den hättest Du Dir sparen können.“
Wo zu lesen, was man sich sparen köann?