Babette und #kürschnergate


Wenn man der Presse Glauben schenken durfte, dann legte eine Wahlkreismitarbeiterin einer Grünen-Bundestagsabgeordneten das „E-Mail-System“ des Deutschen Bundestages lahm. Die Berichte lesen sich hochdramatisch und die Meldung schaffte es beispielweise bei der „Berliner Morgenpost“ auf Seite 1. Aber eigentlich ist nichts passiert – außer, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abgeordneten sich an einem in der Regel stressigen Tag in einer Sitzungswoche gemeinsam einen Spaß machten.

Was war passiert? Die Mitarbeiterin Babette hatte eigentlich nur statt auf „Antworten“ auf „Allen Antworten“ geklickt und ihre Antwort an das Büro ihrer Abgeordneten in Berlin abgesetzt. Nicht so schlimm. Wem ist noch kein E-Mail-Patzer passiert? Erst zwei Stunden später ging das E-Mail-Stürmchen allerdings los und wurde eigentlich nur durch ein paar Spaßbremsen gestört, die über „Allen Antworten“ mitteilten, dass man sie doch aus dem Verteiler nehmen solle. Alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter amüsierten sich königlich.

Und dann ging es los: Gut 180 E-Mails an Alle, das sind bei ca. 4.000 Adressen 720.000 E-Mails. Das hat aber weder die Arbeit für den ganzen Tag behindert oder gar lahm gelegt, noch sind 180 E-Mails am Tag in einem Abgeordnetenbüro ungewöhnlich. Alle haben köstlich gelacht und sind gut gelaunt in die Mittagspause gegangen. Hier ist nichts zusammengebrochen und E-Mails sind ganz normal und ohne merkbaren Verzug zugestellt worden.

Viel schlimmer war es hingegen für die Büros übrigens am 27. September 2011, als man über 800 E-Mails zum ESM-Vertrag über abgeordnetencheck.de zugesandt bekam. Diese Flut von Kampagnen-Massen-SPAM-Mails hat die Arbeit wirklich behindert und war weder lustig, noch ein wirklich inhaltlicher Beitrag zu dem schwierigen Thema ESM.

#kürschnergate war gestern für ein paar Stunden eine nette Episode und wird eine schöne erinnerungswerte Anekdote unter den Mitarbeitern bleiben. Aber es ist mitnichten so, dass der Bundestag den ganzen Tag lahm gelegt war. Das ist einfach Unsinn.

Aber: Es hat Spaß gemacht und das ist das wichtigste. Nun – um eine Anekdote reicher – sitzen auch meine Mitarbeiter wieder am Schreibtisch, schmunzeln noch ein wenig über die schönen überzogenen Zeitungsberichte und freuen sich, dass sie dabei waren. Danke Babette! Der Spaß sei Ihnen gegönnt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen keinen 08/15-Job, sondern bringen einen hohen und auch zeitintensiven Einsatz, der über eine klassische 40-Stunden-Woche oft hinausgeht. Also auch ein Dank an alle motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne die wir Abgeordneten aufgeschmissen wären.

5 Kommentare zu “Babette und #kürschnergate

  1. Die Sprache etwa in einem Artikel von „BILD“ war geradezu militärisch. Ich muss aber sagen, dass eine ähnliche Semantik auch bei Konfrontation mit Massen e-Mails gerade von Unionsabgeordneten in der Vergangenheit gelegentlich gewählt wurde. Viele Artikel haben gar nicht berücksichtigt, dass es nicht um das „Volkshandbuch“ ging, sondern um das Handbuch „Gesetze Grundlagen, Geschäftsordnungen“.

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