Was bringt es mir, Mitglied in der CDU zu sein?

Mal ehrlich: Wie stellen Sie sich ein typisches CDU-Mitglied vor? Sehen auch Sie gerade einen freundlichen älteren Mann vor Ihrem inneren Auge vor sich? Nicht nur repräsentative Umfragen sind zu diesem Ergebnis gekommen, auch wenn ich bei meinen Terminen im Wahlkreis und in Berlin diese Frage beispielsweise an Schulklassen richte, erhalte ich immer wieder diese Antwort. Und in der Tat: das typische CDU-Mitglied ist im Schnitt fast 60 Jahre alt und zu drei Vierteln männlich. Auch die Zuwanderer sind in unserer Partei bislang leider unterrepräsentiert. Insgesamt ist die Zahl der Mitglieder – trotz monatlich rund 1000 Neueintritten – rückläufig. Das muss sich ändern, wenn die CDU nicht Gefahr laufen will, von einer Mitglieder- zu einer reinen Funktionärspartei zu werden. Aus diesem Grund habe ich vor einigen Wochen in meiner Eigenschaft als CDU-Generalsekretär eine umfassende Parteireform initiiert. „Die CDU braucht mehr Frauen, junge Leute und Zuwanderer“ – unter diesem Motto lässt sich mein Vorstoß zusammenfassen.

Dabei ist es keinesfalls so, dass die CDU die Wähler von heute nicht mehr anspricht: bei der Bundestagswahl lagen wir bei Männern und Frauen, bei Jungen und Alten, bei Selbstständigen und Arbeitern vorn. Aber: unsere Mitgliedschaft bildet diese Bandbreite leider nicht (mehr) ab. Allerdings reicht es heutzutage nicht mehr, einfach die Tür aufzumachen und zu rufen: „Kommt rein!“ Wir brauchen neue Formen der Ansprache und maßgeschneiderte Angebote für unsere Mitglieder. Wer in Schlüchtern, Gelnhausen oder Bad Soden-Salmünster in die CDU eintritt, der will sich meist kommunalpolitisch engagieren und wurde vielleicht sogar von den Freunden vor Ort gezielt angesprochen. Ein Facharzt aber, der sich für Gesundheitspolitik interessiert und seinen Mitgliedsantrag per Onlineformular ans Konrad-Adenauer-Haus ins Berlin schickt, will vermutlich nicht über die Hundesteuersatzung vor Ort reden, sondern sucht den gezielten Austausch mit Experten wie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe oder unserem gesundheitspolitischen Sprecher Jens Spahn. Die entscheidende Frage lautet also: Was bringt es mir, Mitglied in der CDU zu sein?

Fotograf: Tobias Koch www.tobiaskoch.net

Früher lag der Nutzen einer Parteimitgliedschaft darin, vielleicht ein bisschen schneller und besser über aktuelle Themen informiert zu sein. Durch den Wissensvorsprung im Internetzeitalter ist das längst passé. Der Mehrwert einer Mitgliedschaft liegt heute darin, mitreden und vor allen Dingen mitentscheiden zu können. Wichtig ist, dass unsere 470.000 Mitglieder nach ihrer Meinung gefragt werden und alle Entscheidungen von einer möglichst breiten Basis mitgetragen werden. Bislang haben auf unseren Parteitagen beispielsweise nur Verbände und Vereinigungen wie die MIT oder die JU die Möglichkeit, Anträge zu stellen. Warum sollten wir künftig nicht jedem Mitglied diese Chance einräumen?

Junge Leute sind nicht nur während ihrer Ausbildung oft mobil. Sie sollten die Möglichkeit haben, überall in der Partei mitmachen zu können und nicht nur in ihrem eigenen Ortsverband. Frauen können in der CDU erfolgreich sein – die besten Beispiele sind Angela Merkel und Ursula von der Leyen, doch vor Ort muss die Partei gerade auch offen für Quereinsteigerinnen sein, so wie beispielsweise die neue Bundestagsabgeordnete Katja Leikert, die erst ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl in die CDU eingetreten ist. Was das Thema Zuwanderer angeht: Neulich war ich bei einer Veranstaltung des Vereins „Typisch deutsch e.V.“ mit Jugendlichen aus so genannten sozialen Problemvierteln. Da wurde ich mit den Worten begrüßt „Sprechen Sie hier auf keinen Fall über Integration, das wollen wir alle nicht hören, denn wir brauchen keine Integration, das ist unsere Stadt. Wir sind Neu-Deutsche.“ Der Begriff „Neu-Deutsche“ hat mir wirklich gut gefallen, denn er bildet eine Brücke. Und genau dafür steht doch das „U“ in unserem Parteinamen: für Union, also den Gedanken, dass man Menschen zusammenbringt und nach dem Gemeinsamen sucht. Genau das braucht unser Vaterland. Die Basis dafür ist das christliche Menschenbild, das unsere Gesellschaft prägt und die soziale Marktwirtschaft als Koordinatensystem für unsere Wirtschaft. Aufbauend auf diesen Werten, die die CDU seit 1945 prägen und bis heute Gültigkeit haben, wollen wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern und vielen, die neu zur CDU kommen, Antworten für die Zukunft geben. Dieser Anspruch macht die „Seele“ der CDU nach meiner Überzeugung aus.

Erschienen als Kolumne in den Kinzigtal Nachrichten

5 Kommentare zu “Was bringt es mir, Mitglied in der CDU zu sein?

  1. Ein alter Blog, aber für mich genau jetzt interessant,

    ich überlege seit vielen Jahren den Schritt in eine Partei zu wagen, aber ich tat es nie, nun kommt wieder dieser Gedanke in mir hoch und ich beschloss mir Informationen über die Partei die ich schließlich auch wähle, einzuholen.

    Es gibt vieles was mir nicht gefällt an der täglichen Politik, aber ich möchte klein anfangen und mich dort ins Getümmel werfen, wo ich lebe. Hier wird durch klare Fehlplanungen viel falsch gemacht, Posten sind mit Arbeitskräften besetzt, die keinerlei Kompetenz zu haben scheinen, die Millionen werden regelrecht „verbrannt“, genau hier möchte ich ansetzen.

    Nach meinem “ Warum“ kommt nun das „Wie“, Eintritt in die Partei war mein Gedanke, aber was bringt mir dieser Eintritt? Ich habe viel gelesen, aber eine wirkliche Antwort habe ich nicht gefunden, oder sagen wir es so, ich habe keine Antwort gefunden, die darauf deutet, dass ich wirklich etwas bewirken kann.

    ABgeschreckt hat mich auch die Tatsache, dass man sich „bewirbt“ und dann vielleicht angenommen wird. In meinem Hinterkopf kommt direkt der Gedanke, ob man geprüft wird inwieweit man in die Partei passt. Denken wir hier mal an Stand, Verdienst, Bildung, Herkunft, Politische Ansichten, etc. Natürlich passe ich nicht perfekt zur CDU, wäre dort alles so wie ich es möchte, bräuchte ich kaum noch Mitglied werden, meine Partei ist die CDU seitdem ich wählen darf und dort würde ich gerne noch etwas ändern…. aber kann man das wirklich als Mitglied…..

    Ich hoffe man kann meine Gedanken deuten, ich habe in der Mittagspause einfach mal meine Gedanken niedergeschrieben.

  2. Der Artikel ist zwar schon etwas älter, aber entspricht aus meiner Sicht mehr denn je dem Geist der Gegenwart. Politikwechsel im Saarland – AKK geht nach Berlin und wir bekommen einen neuen MP mit Tobias Hans. Jung, dynamisch und mit klaren pragmatischen Ansätzen, um Strukturen neu zu entwickeln. Greifbar für die Menschen. Mehr Engagement für Frauen, Unternehmen und Andersdenkende. Bewusstsein für Tierschutz und der Wille, regional stärkeres Wachstum zu unterstützen. Als Teil des Ganzen. Nach Jahren eines gefühlten Stillstands in der Politik spüre ich so etwas wie Aufbruch und bin überzeugt, dass im Gemeinsamen etwas verändert werden kann. Da möchte ich gerne aktiv mitarbeiten… und bin gespannt, wohin dieser Weg mich führt!

  3. Was bringt es, Mitglied in der CDU zu sein?

    Was und wie wiegt die Waage der Rechten und Pflichten? Vor Jahren, als es um ein neues Programm ging, habe ich mir die Mühe gemacht, die Rechte und die Pflichten im Programm zu finden. Der Fundus war recht mager.

    Als Pflicht wurde der Mitgliedsbeitrag genannt. Außerdem die Loyalität. So mancher Kreisverband führt auch Mitglieder, die entweder nichts oder kaum etwas bezahlen. Die Differenz wird von „Sponsoren“ oder aus der Kasse bezahlt. Bei Delegiertenwahlen ist immer noch die Zahl der Mitglieder ein Stellenwert. Die Loyalität ist, wenn sie denn nicht öffentlich aberkannt wird, auch kein Thema. Weitere Pflichten werden im Programm nur mit schönen Worten beschrieben.

    Das Recht besteht aus der Teilnahme an Wahlen und der Möglichkeit, gewählt zu werden. Sind aber Wahlen zur Bestückung der Organisation häufig aus guten Gründen schon vorher eine „klare Sache“ (was nach meiner 45 jährigen Mitgliedschaft in mindestens 90% der Fälle der Fall war), ist auch das Recht zur Wahl zweitrangig. Da wiegt schon schwerer, sich wieder einmal in der örtlichen oder Kreis-CDU-Familie blicken zu lassen. Weitere Rechte der Mitglieder werden mit schönen Worten ohne eine realistische Substanz beschrieben. Die Rechte der Gewählten orientieren sich an den Verwaltungsvorgaben, nicht am Programm der CDU. Außerdem gibt es auch „Parteilose“, die von den Gremien der CDU aufgestellt werden oder gar gänzlich nur sich selbst verpflichtet sind.

    Ein Recht, sich aktiv im Kreisverband und aufwärts in der politischen Willensbildung einzubringen, besteht zwar laut Satzung, es ist aber für ein normales Mitglied in der Realität nicht umsetzbar. Selbst für ein „normales“ Kreistags- oder Bezirkstagsmitglied besteht das Recht nur theoretisch. Für die Meinungs- und Willensbildung innerhalb aller CDU-Gremien sind immer die gleichen und kleinen Kommissionszirkel zuständig. Es stellt sich auch die Frage, ob eine Änderung dieser „Mechanismen“ ohne die Gefahr der Chaostheorie zum Opfer zu fallen, überhaupt sinnvoll ist.

    Auch die Organisationen haben gegeneinander keine weiteren Rechte und Pflichten. Jeder Orts-, Kreis-, Landesverband ist in sich autark. Zielvereinbarungen sind ein Fremdwort. Rechenschaften über die geleistete Arbeit sind ein Problem der Berichterstattung. Ist der Kreis-,Landes-, bzw. Bundesanteil bezahlt, ist jeder Verband im Soll. Es sei denn, es schleichen sich unerbetene Gäste und Mitglieder ein.

    Diese Bilanz der Rechte und Pflichten ist dürftig. Für Viele zu dürftig um der CDU beizutreten. Es bleiben nur noch politische bzw. weltanschauliche Gründe, um einen Eintritt zu wagen. Um diese Gründe in der Partei wieder zu finden ist es aber notwendig, das Programm zu lesen und zu verstehen. Mir ist niemand bekannt, der diese Hürde vor einem Eintritt gesprungen ist. Folglich ist das Programm für die Schublade, um bei schönen Anlässen zitiert zu werden. Und dennoch besteht sowohl bei Sympathisanten als auch bei den Mitgliedern ein Bedarf daran, immer wieder in kurzer prägnanter Form eine gemeinsame Basis des Politikverständnisses zu finden. Warum ist die CDU besser als alle anderen Parteien? Und das nicht nur für „unser Abendland“, sondern auch für Muslime und alle Nicht-FAZ-Leser?

    Für die Formulierung ist der Maßstab der Twitter-Account mit seinen 140 Bits. Das geht nicht? Dann lassen Sie es und sie schrammen am größten Teil der Wähler und Mitglieder vorbei. Deshalb der Vorschlag für eine konzentrierte CDU-Aussage mit etwas mehr als 140:

    Wir wollen für alle Bürger und unsere Freunde berechenbar bleiben. Politisch knebelnde ideologische und religiöse Vorgaben lehnen wir ab. Die Welt kommt auch ohne uns, wir aber nicht ohne die Welt aus. Deshalb müssen sich unsere Absichten und Versprechungen am pragmatisch Machbaren orientieren. Die Leistung, das Verhalten und die natürlichen Voraussetzungen des Einzelnen sind für uns die Maßstäbe unseres sozialen und politischen Verständnisses. Konservativ ist nicht, mit der Vergangenheit zu träumen, sondern aus ihr für die Zukunft für uns alle zu lernen. Unsere erfolgreichen persönlichen Werte und Tugenden sollen uns im Leben pragmatisch helfen und die Gemeinschaft unterstützen. Die Verfassung und die Menschenrechte sind für unser Handeln und für alle Bürger die verlässliche Basis.

  4. Sehr geehrter Herr Tauber,

    leider kann ich Ihnen nur beschränkt zustimmen.

    So lange die CDU durch ihre Mitglieder von internen Listen bestimmt wird, wo oft nur Männer im Schnitt von 60 Jahren Ämter zugeschoben bekommen, die Frauenquote oft wakelt, weil sie in Frage gestellt wird und christliche Werte oft aus den Augen verloren gehen, weil eigene Machtinteressen im Vordergrund stehen, so lange wird die CDU mit einem Mitgliederschwund leben müssen. Fähige Mitglieder werden verbrannt, wenn sie nicht zu 110% Linientreu sind. – Das ist sehr bitter – und der Haken daran.

  5. Sehr geehrter Herr Tauber

    Ich habe mir gerade die Zeit genommen und Ihren Artikel gelesen. Aufmerksam auf diesen Artikel wurde ich über Facebook. Er hat mir gut gefallen, besonders natürlich der Teil, der unsere Frauen anspricht. Ich selber bin bereits kommunalpolitisch in der CDU tätig. Ich wünsche mir sehr, dass mehr Frauen politisch aktiv werden. Denn wie Ihre Beispiele Frau Dr. Merkel und Frau von der Leyen zeigen, gehen Frauen viele Dinge anders an, um konstruktive oder gemeinsame Lösungen zu finden. Auch wenn es sich oftmals nach „Kuschelkurs“ anhört, so sind es doch die gemeinsamen Lösungen, die die meisten Menschen zufrieden stellen.

    Ich werde Ihren Artikel auf meiner Facebook Seite teilen, damit sich hoffentlich wieder mehr Menschen über die politische Arbeit Gedanken machen und nicht nur drüber meckern und Phrasen nachplappern.

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