Die Möglichkeiten des Web 2.0

Das Internet regiert. Ob Shopping, Banking, Unterhaltung oder Kommunikation, es ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Längst haben soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook und co. fast jeden von uns eingeholt, ja wir haben diese Welt des Web 2.0 sogar in vielen kleinen Teilen von Beginn an mitgestaltet. Der Politik, und damit nicht zuletzt auch den Regierenden, wird dagegen häufig nachgesagt, solch wichtige Entwicklungen zu verschlafen oder gar kein Interesse daran zu zeigen.

Nicht so der 17. Deutsche Bundestag, der mit der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft die Basis für ein Paradebeispiel des sinnvollen Nutzens geschaffen hat.

Eines der grundlegenden Anliegen der Enquete ist der Austausch dieser mit der Öffentlichkeit. So sollen die Bürger ernst genommen werden, Transparenz bei der Arbeit der Kommission geschaffen werden und den Bürgern die Möglichkeit zur aktiven Teilnahme am Arbeitsprozess gegeben werden.

Grundlage dafür ist der „18. Sachverständige“ in Form eines Internetforums, in dessen Rahmen interessierten und engagierten Usern die Möglichkeit gegeben wird, mit der Kommission zu interagieren, sich auszutauschen und Themen für die anstehenden Sitzungen vorzubereiten und zu diskutieren. Jeder Bürger kann sich in diesem Forum bis eine Woche vor der jeweils nächsten Sitzung im Rahmen seiner Möglichkeiten in die Diskussionen einbringen oder eine neue anstoßen. Die von den Usern dort diskutierten Punkte werden dann bei der folgenden Sitzung der Kommission an Position des 18. Sachverständigen vorgetragen. Nicht zuletzt nach den vor allem durch „Stuttgart 21“ beflügelten Forderungen nach mehr Mitbestimmungsrecht von vorn herein für die Bürger bei politischen Prozessen und Entscheidungen, zeigt sich hier eine neue Möglichkeit, wie die „digitale Welt“ prädestiniert dafür ist, ebendiese Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Politik(ern) und Bürgern zu schaffen.

Dabei geht es jedoch nicht einzig um die Frage des „Wie“ der Beteiligung – viel wichtiger ist die Frage des „Ob“. Erst kürzlich wurde die Einführung der Beteiligungsplattform „Adhocracy“ vom Bundestag aus Kostengründen abgelehnt. Dennoch bietet sich interessierten Bürgern eine große Breite an Alternativen, um sich auf andere Weise einzubringen. Sei es über Blog, Forum oder den E-Mail Kontakt zu den Mitgliedern der Kommission.

Während mittlerweile wohl ein sehr hoher Prozentsatz der Abgeordneten des 17. Deutschen Bundestages mit einer eigenen Homepage oder einem Profil bei Abgeordnetenwatch im Web vertreten ist, hat ein ebenso hoher Prozentsatz eine ganz andere, wohl aber viel wichtigere Entwicklung verpasst: Soziale Netzwerke. Diese bieten den Bürgern die Möglichkeit, mit den Politikern in Kontakt zu treten und so Politik aktiv mitgestalten zu können.

Doch auch hier zeigt sich wieder, dass selbst jene, die von sich behaupten, diese neue Entwicklung mitgegangen zu sein und zu nutzen, oft den Sinn und nicht zuletzt die damit verbundenen Möglichkeiten noch nicht durchschaut haben.  So geht es nicht nur darum, lediglich ein Profil bei von Bürgern häufig besuchten Plattformen wie wer-kennt-wen, meinVZ, Facebook oder Twitter zu besitzen und hier ab und an automatisches Update der neusten News der Homepage weiterleiten zu lassen. Nein, viel wichtiger ist die persönliche, ernst gemeinte und insbesondere regelmäßige Pflege dieser Profile: den Bürgern zu zeigen „Ich bin da für deine Anliegen, du kannst mich ansprechen und ich reagiere darauf“.

Ein Beispiel wie diese politische Kommunikation funktionieren kann und im besten Fall auch sollte, bietet neben der Enquete auch Dr. Peter Tauber.

Neben seiner Homepage und diesem regelmäßig mit Beiträgen aktualisierten Blog findet man sein Profil u.a. bei Facebook und Twitter. Dort berichtet er von seiner Arbeit in Berlin und im Wahlkreis, lobt und kritisiert Entscheidungen, postet mit dem iPhone Bilder aus dem schneebedeckten Gelnhäuser Wald, empfiehlt Beiträge aus anderen Blogs oder gibt seinen Kommentar zu interessanten Tweets seiner Follower ab. Dabei reichen die Themen jedoch mitunter – und auch das ist gut so – weit über die Politik hinaus. Dennoch entstehen nicht zuletzt auch auf seinem Facebook-Profil häufig interessante, zum Teil hitzig geführte, Diskussionen zu tagesaktuellen Themen.

Wünschenswert für die Zukunft ist in meinen Augen, dass sich zunehmend mehr Politiker auf die Möglichkeiten des Web 2.0 einlassen. Nicht nur Spitzenpolitikern und auch nicht ausschließlich in Zeiten des Wahlkampfes – gerade für Kommunalpolitiker bieten die vielen Funktionen der sozialen Netzwerke eine einfache Basis, ihrem Agieren mehr Transparenz zu verleihen.  Der Bürger bekommt so im Gegenzug häufiger nicht nur die Chance, auch fernab der Wahlkampfzeiten mit Politikern – mehr oder weniger – persönlich in Kontakt zu treten, aber auch zu interagieren.
Das Internet und Web 2.0 im Besonderen sind nicht länger ein Experiment oder eine Zukunftsvision, sie sind real, im Alltag vertreten und gewinnen zunehmend an Priorität. Dies wurde mir jetzt auch in meinem Politikstudium vor Augen geführt: „Wie verändert das Internet die Politik, und warum?“ lautet der Titel eines von Prof. Thomas Zittel angebotenen Seminars, welches ich in diesem Semester an der Uni Frankfurt besuche. Auch die Enquete und die Partizipationsmöglichkeiten für Bürger an dieser waren bereits in mehreren Sitzungen Thema.
Für engagierte Politiker tut sich im Web also eine Vielzahl an neuen Chancen auf – es bleibt die Frage, wie bereit und interessiert jeder Einzelne (Politiker gleichermaßen wie Bürger) daran ist, diese auch zu nutzen.

Über den Autor:

Tobias Koch ist 22 Jahre alt, studiert im dritten Semester Politik und Geschichte an der Uni in Frankfurt. Er ist begeisterter Fotograf [www.tokoo.de] und arbeitet als solcher für diverse regionale Zeitungen.

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