Koalitionsvertrag: Union hat Kernversprechen eingehalten

Das war ein hartes Stück Arbeit: Seit heute liegt der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vor. Das Ergebnis kann sich aus meiner Sicht durchaus sehen lassen. Ihr Kernversprechen aus dem Wahlkampf hat die Union eingehalten: Steuererhöhungen wird es mit uns nicht geben. Außerdem gibt es keine Vergemeinschaftung der Schulden in Europa und wir werden einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Das sind schon drei zentrale Forderungen, bei denen wir uns durchgesetzt haben.

Hand drauf: Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD steht. Foto: Tobias Koch/tobiaskoch.net
Hand drauf: Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD steht.
Foto: Tobias Koch/tobiaskoch.net

Auch die Mütter-Rente, die eine finanzielle Besserstellung aller Frauen, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, vorsieht, haben wir erreicht. Minijobs bleiben wie versprochen erhalten; die Sozialversicherungsansprüche von geringfügig Beschäftigten sollen verbessert werden.

Nach zähem Ringen sind wir den Sozialdemokraten aber auch bei einigen Themen entgegengekommen, beispielsweise bei der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro ab dem
1. Januar 2015 oder durch den Wegfall der so genannten Optionspflicht. In Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern müssen sich demnach künftig nicht mehr bis zum
23. Geburtstag für eine der beiden Staatsbürgerschaften entscheiden.

Energiepolitisch halten wir Kurs: Der Ausstieg aus der Kernkraft ist und bleibt beschlossene Sache. Ein „Dauerbrenner“ ist vielerorts der Ausbau der Windenergie. Hier werden wir die Fördersätze senken – insbesondere bei windstarken Orten – um Überförderungen abzubauen. Altanlagen erhalten Bestandsschutz. Gleichzeitig wollen wir durch eine Weiterentwicklung des Referenzertragsmodells dafür sorgen, dass bundesweit die guten Standorte mit einem Referenzwert von 75 bis 80 Prozent auch zukünftig wirtschaftlich genutzt werden können. Eine Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch soll es zudem ermöglichen, länderspezifische Regeln über Mindestabstände zur Wohnbebauung festzulegen. Insgesamt will die Koalition die Förderung der Erneuerbaren mit Blick auf bezahlbare Strompreise kosteneffizienter gestalten. Mit Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wollen wir ein Programm mit zinsgünstigen Krediten zur Anschaffung von umweltfreundlichen Fahrzeugen auflegen. Damit wollen wir insbesondere Elektrofahrzeuge fördern.

Mit ihrer Forderung nach einer Bürgerversicherung hat die SPD im Bereich der Gesundheitspolitik nicht gepunktet. Stattdessen gab es früher als von vielen erwartet einen Kompromiss: Künftig wird der Beitragssatz auf 14,6 Prozent festgesetzt, der Arbeitgeberanteil wird bei 7,3 Prozent festgeschrieben. Gesetzlich Versicherte sollen in Zukunft schneller einen Termin beim Facharzt erhalten. Wer eine Überweisung hat, soll innerhalb von vier Wochen einen Termin bekommen. Ganz wichtig: Die Bezahlung von Krankenhäusern soll künftig stärker an Qualitätsmerkmalen ausgerichtet werden. Als Bemessungsgrundlage gilt, mit welchen Erfolgen ein Krankenhaus bestimmte Behandlungen und Operationen vornimmt.

„Bildung, Wissenschaft und Forschung sind von überragender Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung, gleiche Lebenschancen der Menschen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft“, heißt es im Koalitionsvertrag. Im Zusammenspiel mit den Ländern und Gemeinden sollen die Investitionen im Bildungsbereich verstärkt werden. Nicht nur angesichts des demografischen Wandels kann es sich unser Land nicht leisten, dass junge Menschen hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Individuelle Talente sollen erkannt und gefördert werden. Schüler sollen systematisch beraten und beim Einstieg in den Beruf begleitet werden. Der Ausbildungspakt soll gemeinsam mit den Ländern und den Sozialpartnern zu einer „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ weiterentwickelt werden.

Ein Thema, mit dem ich auch im Wahlkreis – übrigens auch durch eigenes Erfahren – immer wieder konfrontiert werde, ist der Lärmschutz. Hier haben wir uns klare Ziele gesetzt: der Schienenlärm soll bis 2020 deutschlandweit halbiert werden. Beim Luftfahrtverkehr setzen wir vorrangig auf eine Reduzierung des Fluglärms – auch durch den Einsatz lärmreduzierender Verfahren. Der Lärmschutz, insbesondere in den Nachtstunden, soll verbessert werden. Dabei nehmen wir die Anliegen der Fluglärm geplagten Anwohner ebenso ernst, wie die Sorge um die wirtschaftliche Zukunft der Luftverkehrsstandorte in Deutschland.

Als Mitglied der Arbeitsgruppe Kultur und Medien sowie der Unterarbeitsgruppe „Digitale Agenda“ war ich unmittelbar an den Koalitionsverhandlungen beteiligt. Mein Fazit: Noch nie war so viel zum Thema Digitalisierung in einem Koalitionsvertrag zu lesen wie in dem jetzt vorliegenden Entwurf. So soll es bis zum Jahr 2018 in Deutschland eine flächendeckende Grundversorgung mit mindestens 50 Mbit pro Sekunde geben. Mobiles Internet soll in deutschen Städten über WLAN für jeden verfügbar sein. Für die Nutzung dieser offenen Netze müssen und werden wir die gesetzlichen Grundlagen schaffen. WLAN-Anbieter dürfen nicht mehr für Rechtsvergehen von Usern, die den öffentlichen Zugang nutzen, haften.

Nun entscheiden die SPD-Mitglieder über das Schicksal der Großen Koalition. Foto: Tobias Koch/tobiaskoch.net
Nun entscheiden die SPD-Mitglieder über das Schicksal der Großen Koalition.
Foto: Tobias Koch/tobiaskoch.net

Grundsätzlich sei angemerkt: Ein Koalitionsvertrag ist immer ein Kompromiss und nicht in Stein gemeißelt. Die Tagespolitik wird uns in den kommenden Jahren gewiss noch öfter dazu zwingen, gut gemeinte Absichtserklärungen an tagesaktuelle politische Entwicklungen anpassen zu müssen. Der rote Faden allerdings ist vorgegeben. Auf Twitter habe ich neulich folgenden Satz gelesen: „Wenn am Ende keiner richtig zufrieden ist, ist es ein gutes Verhandlungsergebnis.“ In dieser Aussage steckt sicherlich mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. Auf dem nun vorliegenden Ergebnis lässt es sich aufbauen. Nach den intensiven Gesprächen der vergangenen Wochen und dem bevorstehenden Mitgliederentscheid der SPD möchte ich nun aber auch an das Verantwortungsbewusstsein der Sozialdemokraten appellieren: Über das Schicksal der Großen Koalition sollten in erster Linie die nun vorliegenden Ergebnisse und nicht persönliche Eitelkeiten entscheiden. Es geht ums Land – selten war diese Aussage zutreffender.

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