Afghanistan IV: Fliegen mit der CH 53

Untergebracht waren wir übrigens direkt am Flughafen in Kabul. Auch hier wieder die surrenden Klimaanlagen und an den Wänden die Hinweisschilder, beim Duschen Wasser zu sparen. Am nächsten Morgen folgte das „internationale“ Frühstück gemeinsam mit Soldaten aller dort im Einsatz befindlichen Nationen, und in der Tat gab es von amerikanischen Pancakes bis zu Croissants und deutschem Schwarzbrot alles, was die unterschiedlichen Geschmäcker zufrieden stellt.

Es folgte unmittelbar nach dem Frühstück der Flug nach Masar-e Sharif mit der guten alten Transall. Mit an Bord waren diesmal auch türkische, britische und amerikanische Soldaten. In Masar-e Sharif gelandet wurden wir von General Erich Pfeffer in Empfang genommen. Wie in den anderen Orten auch begann unser Besuch mit einem Gebet und Besuch am dortigen Ehrenhain. Mit Worten des 91. Psalms, des „Soldatenpsalms“ erinnerten die beiden Geistlichen an die gefallenen Kameraden – nicht nur aus dem deutschen Truppenkontingent. 

Beim anschließenden Bericht des Generals ging es schwerpunktmäßig um die Einschätzung der Lage vor Ort und die aufgebauten afghanischen Fähigkeiten. Bei den jüngsten Herausforderungen – beispielsweise den Demonstrationen im Anschluss an die Koranverbrennungen durch US-Truppen, hätten die afghanischen Kräfte selbständig und ohne direkte Unterstützung der ISAF-Kräfte agiert. Allgemein könne man konstatieren, dass man hier einen Status erreicht habe, der für ganz Afghanistan erst 2014 angestrebt sei.

Spannend war auch der Lagevortrag beim Einsatzgeschwader in Mazar-e Sharif. Den Flughafen in Mazar-e Sharif kann man getrost als internationalen Airport bezeichnen. Insgesamt 21 Nationen nutzen den Flugplatz. Mehr als 350 Flugbewegungen gibt es täglich. Dahinter steckt ein enormer logistischer Aufwand, und die Nutzung beschränkt sich keineswegs auf militärische Flüge. Wir sind dort mit der guten alten Transall sowie dem CH 53 GS Transporthubschrauber im Einsatz. Während der Wunsch nach Tiger und NH 90 sowie das Warten auf den AM 400 überall zu hören waren, klang mit Blick auf die deutschen Fähigkeiten bezüglich der medizinischen Versorgung Stolz mit. Die Rettungskette mit dem AirMedEvac, eine Fähigkeit, die das deutsche Kontingent bereitstellt, ist überall hoch angesehen. Denn natürlich ist es für die Einsatzmoral der Truppe wichtig, dass sie im Zweifelsfall auf schnelle und bestmögliche medizinische Hilfe hoffen können. Auch die Krankenhäuser in Kunduz und Mazar-e Sharif entsprechen dem Standard eines deutschen Kreiskrankenhauses wie uns die Militärs immer wieder nicht ohne Stolz versicherten.

 In nahezu allen Gespräche wurde uns gegenüber die positive Entwicklung der Sicherheitslage im Norden beschrieben. Zwar würde die Zahl der Anschläge zunehmen, aber dies sei vor allem der Tatsache geschuldet, dass dies das letzte den Taliban verbliebene Mittel sei. Die offene militärische Auseinandersetzung würde immer im Fiasko für die Aufständischen enden, so dass man „nur noch“ mit den so genannten IEDs gegen die afghanischen Sicherheitskräfte und die ISAF vorgehen würde.  Als zweiter positiver Trend wurde uns immer wieder die gestiegene Eigenständigkeit und Fähigkeit der afghanischen Sicherheitskräfte beschrieben. Aber General Pfeffer sagte auch: „Afghanistan ist das Land der Überraschungen.“

Nach einer erneuten Vielzahl von Gesprächen stand auch in Masar-e Sharif ein Essen auf dem Programm. Zum Schutz vor Attentätern stehen auch im Speisesaal, der sonst nicht mit Waffen betreten wird, Soldaten, die mit der Waffe in der Hand als „guardian angels“ dafür sorgen, dass ihre Kameraden in Ruhe Essen können. Das ist schon ein ungewohnter Anblick, der sich einem einprägt.

Mehrfach hatte ich auch Gelegenheit mit der CH 53 zu fliegen und ich muss gestehen, dass es schon einen gewissen Suchtfaktor hat, bei offener Heckklappe mit diesem Hubschrauber zu fliegen – blendet man die Begleitumstände, die Hauptgefreiten an den Geschützen, die „Flares“ (so heißen die „Täuschkörper“) aus. Die Ruhe und Gelassenheit, die alle Soldaten der Besatzung ausstrahlten, hat mich schon beeindruckt. Die Landschaft, die Geräuschkulisse, die Geschwindigkeit und das Fliegen sowohl in großer Höhe mit einem atemberaubenden Blick als auch wenige Meter über dem Boden die jeweiligen Bodenwellen im Flug nachvollziehend – das war stark.

Auch der Flug nach Kunduz war einmalig. Von dort ging es weiter nach Faizabad und dann wieder zurück. Ich habe dann leichtsinnigerweise einen Heeresoffizier gefragt, ob unser Gepäck nicht in Kunduz verbleiben würde.

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